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Was der Worldcoin verspricht – und was er halten kann
Aus Echo der Zeit vom 12.11.2023. Bild: Reuters/Annegret Hilse
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Worldcoin Eine Kryptowährung will die Menschheit retten

Sam Altmans Worldcoin verspricht ein universelles Grundeinkommen für die ganze Menschheit. Doch es gibt viel Kritik an dem ambitionierten Projekt.

Sichere Online-Identität, Kryptowährung, universelles Grundeinkommen – der Worldcoin will all das möglich machen. In der Technologiewelt hat das ambitionierte Projekt in den letzten Monaten für viel Aufmerksamkeit gesorgt – auch weil dahinter Sam Altman steht, Gründer der KI-Firma OpenAI, die für den Chatbot ChatGPT verantwortlich ist.

Was hat ein universelles Grundeinkommen mit KI zu tun?

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ChatGPT-Macher Sam Altman ist überzeugt, dass künstliche Intelligenz (KI) in den nächsten Jahren immer mächtiger wird und bald einmal auch gut ausgebildeten Menschen den Job wegnimmt. Das werde einige Leute sehr reich machen, während viele andere ihr Einkommen verlören. Mit dem Worldcoin will Altman einen Ausgleich schaffen: Die Kryptowährung soll allen Menschen auf der Welt als universelles Grundeinkommen zur Verfügung stehen.

Damit niemand ein doppeltes Grundeinkommen beziehen kann, soll das Projekt auch für eine sichere Online-Identität sorgen und damit sicherstellen, dass man sich im Internet nur als die Person ausgeben kann, die man auch wirklich ist.

Auch das ist ein Problem, das sich durch KI-Dienste wie Sam Altmans ChatGPT akzentuiert hat: Der KI-Chatbot, so die Befürchtung, könnte im Internet einst nicht mehr vom Menschen unterschieden werden und massenhaft Falschinformationen verbreiten. Eine sichere Online-ID, die nur Menschen zur Verfügung steht, soll das verhindern, so Altman.

Zu Worldcoin gehören neben der Kryptowährung auch die Worldcoin-App, die als elektronisches Portemonnaie funktioniert, und ein Identifikationssystem, die sogenannte World ID. Sie ist mit der App verbunden und soll einmal alle Menschen der Welt erfassen. Und sie ist an ein unverwechselbares biometrisches Merkmal geknüpft: die Iris, die Regenbogenhaut des Auges.

Krypto-Kolonialismus im globalen Süden

In den vergangenen zwei Jahren hat Worldcoin deshalb in 35 Städten Augen scannen lassen. Die Schweiz war nicht dabei, dafür aber 20 andere Länder wie Indonesien, der Sudan, Ghana oder Kenia. In Nairobi etwa standen Tausende Schlange, um die Daten ihrer Iris erfassen zu lassen. Denn als Prämie winkte ein Worldcoin-Guthaben von umgerechnet fast 50 Franken – für viele Kenianerinnen und Kenianer mehr als ein Wochenlohn.

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Worldcoin: Eine Kugel, sie alle zu knechten?
01:08:07 min Bild: Reuters
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Allerdings: Aus Datenschutz- und Sicherheitsbedenken liess die kenianische Regierung das Projekt rasch stoppen. Und Unregelmässigkeiten beim Datensammeln soll es auch in anderen Ländern des globalen Südens gegeben haben. Rasch wurde der Vorwurf laut, Worldcoin betreibe eine Art Krypto-Kolonialismus: Die Not armer Menschen werde ausgenutzt, um an möglichst viele Iris-Scans zu kommen – wertvolle Daten, mit denen sich die eigenen Erkennungssysteme trainieren lassen. Im Unterschied zum Einsatz im Westen spiele der Datenschutz dabei kaum eine Rolle.

Der Sicherheitsexperte ist kritisch

Aber auch die Leute, die sich in den USA, in Norwegen oder in Deutschland ihre Augen haben vermessen lassen, sollten sich nicht zu sicher fühlen. Denn Fachleute für Datensicherheit beurteilen das Sammeln biometrischer Daten generell sehr kritisch – schliesslich können Erkennungsmerkmale wie die Iris im Notfall nicht so einfach geändert werden wie etwa ein Passwort.

So eine Sammlung ist ein sehr attraktives Ziel für jeden Geheimdienst der Welt.
Autor: Bryan Ford Professor für Informatik an der EPFL

Bryan Ford, Informatik-Professor an der EPFL in Lausanne, etwa stellt fest: «So eine Sammlung ist ein sehr attraktives Ziel für jeden Geheimdienst der Welt.» Fords Wort hat Gewicht: Wenn Worldcoin behauptet, den sogenannten «Proof of Personhood» gelöst zu haben (also eine Person dank ihrer Iris-Daten im Internet eindeutig identifizieren zu können), dann bezieht sich das Unternehmen auf einen Begriff, den Bryan Ford selbst in die Welt gesetzt hat.

Bis heute gebe es für den «Proof of Personhood» aber keine Methode, die vollständigen Datenschutz garantiere, sagt der Sicherheitsexperte: «Noch nicht einmal die Grundlagenforschung ist abgeschlossen. Wenn Worldcoin nun behauptet, das Problem gelöst zu haben, dann ist das ziemlich anmassend.»

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Wie jede Münze hat der Worldcoin also zwei Seiten: Auf der einen Seite die vollmundige Behauptung der Macher, eine sichere Identität geschaffen zu haben und damit auch die Grundlagen für ein weltweites universelles Grundeinkommen. Auf der anderen Seite Kritikerinnen und Kritiker, die dem Projekt mangelnde Sensibilität im Umgang mit dem Datenschutz vorwerfen.

Echo der Zeit, 12.11.2023, 18 Uhr

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