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Zukunft von Twitter Auch Elon Musk wird den Abstieg nicht aufhalten können

Twitter ist heute überproportional relevant – gemessen an der kleineren Nutzerzahl entfaltet die Plattform eine grosse Wirkung in Politik und Unterhaltung. Doch es deutet alles darauf hin, dass dies der Höhepunkt ist und auch Elon Musk einen Niedergang der Plattform nicht verhindern kann.

Neue Einnahmequellen mit geringer Wirkung

Zuerst das wirtschaftliche Argument: Neue Einnahmequellen wie das blaue Verified-Häkchen oder bestimmte Direktnachrichten können auch bei sehr optimistischer Schätzung nur einen Bruchteil des Umsatzes durch Werbeeinnahmen generieren.

Damit alleine wird Twitter nicht in die Gewinnzone kommen. Und der astronomische Kaufpreis lässt sich damit erst recht nicht wettmachen.

Schärferer Umgangston vertreibt Werbekunden

Entsprechend wird Elon Musk die Kosten der Plattform stark reduzieren wollen und das führt zum zweiten Argument: Mit deutlich kleinerer Belegschaft wird die Moderation der Plattform noch zurückhaltender und willkürlicher – was ja auch das erklärte Ziel von Elon Musk ist.

Euphemistisch ausgedrückt, wird das den Umgangston auf der Plattform verschärfen. Und das wiederum wird wohl mehr Personen und Werbekunden von der Plattform vertreiben als anziehen.

Weniger Aufmerksamkeit für grosse Plattformen

Und schliesslich hat Twitter noch eine dritte Herausforderung zu meistern: Social-Media-Plattformen fragmentieren sich aktuell stark.

Statt eine grosse Plattform den ganzen Tag und für alles nutzen wir immer mehr mehrere Apps und Dienste, je nachdem, welche Inhalte wir gerade mit welchen Personen teilen möchten. Gerade für die Grossen wie Meta und eben auch Twitter bedeutet das, dass ihnen in Zukunft eher weniger Aufmerksamkeit geschenkt wird.

Elon Musk spricht dagegen noch immer vom «global public square», der Twitter sein wolle. Er scheint die Herausforderung der Fragmentierung entweder nicht erkannt zu haben oder zu ignorieren. Und keine seiner bisher in der Öffentlichkeit geäusserten Ideen für Twitter verhindert Fragmentierung, sondern könnte Twitter eher in eine Nische drängen.

So erscheint dies als das plausibelste Szenario: Die Relevanz, die Twitter heute noch geniesst, wird die Plattform langsam, aber stetig verlieren.

Guido Berger

Leiter Digitalredaktion

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Guido Berger leitet SRF Digital und erklärt seit 2006 Technologie und Games.

Tagesschau, 4.11.2022, 12:45 Uhr

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