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Wirtschaftsnobelpreis geht an Claudia Goldin
Aus Tagesschau vom 09.10.2023.
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Zum Abschluss der Bekanntgaben Wirtschaftsnobelpreis geht an Claudia Goldin

  • Der diesjährige Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften geht an die US-Ökonomin Claudia Goldin.
  • Damit sind die diesjährigen Bekanntgaben der Nobelpreisträger abgeschlossen.
  • Die Preise werden am Todestag des Preisstifters Alfred Nobel am 10. Dezember verliehen.

Die Königlich Schwedische Akademie der Wissenschaften in Stockholm erteilt den Wirtschaftsnobelpreis an US-Ökonomin Claudia Goldin. Sie lehrt an der Harvard-Universität.

Sie wird für die «Aufdeckung der wichtigsten Ursachen für geschlechtsspezifische Unterschiede auf dem Arbeitsmarkt» ausgezeichnet, wie die Königlich-Schwedische Akademie der Wissenschaften in Stockholm mitteilte. Die 77-Jährige erhält die prestigeträchtige Auszeichnung dafür, das Verständnis verbessert zu haben, welche Rolle Frauen im Arbeitsmarkt spielen, wie der Generalsekretär der Akademie, Hans Ellegren, bei der Preisbekanntgabe sagte. Goldin ist damit erst die dritte Frau, die den Wirtschaftsnobelpreis erhält.

Personen an einem Medienkonferenz-Tisch mit einer Powerpoint-Präsentation im Hintergrund
Legende: «Ihre Forschungen haben uns neue und oft überraschende Einblicke in die historische und aktuelle Rolle der Frauen auf dem Arbeitsmarkt gegeben», hiess es an der Verkündung weiter. Keystone/Claudio Bresciani /TT News Agency via AP

«Durch das Durchsuchen der Archive sowie das Zusammentragen und Korrigieren historischer Daten hat uns Claudia Goldin ein tieferes Verständnis dafür vermittelt, welche Faktoren die Chancen von Frauen auf dem Arbeitsmarkt beeinflussen und wie stark ihre Arbeit nachgefragt wird», schreibt das Nobelpreiskomitee auf X, vormals Twitter. «Die Tatsache, dass die Wahlmöglichkeiten von Frauen oft durch die Ehe und die Verantwortung für Haus und Familie eingeschränkt wurden und bleiben, steht im Mittelpunkt ihrer Analysen und Erklärungsmodelle», hiess es.

Lohnunterschiede entstehen durch die Geburt des ersten Kindes

Goldins Erkenntnisse reichten weit über die Grenzen der USA hinaus und ähnliche Muster seien in vielen anderen Ländern beobachtet worden. Die Forschung der diesjährigen Preisträgerin habe gezeigt, dass der Grossteil der Lohnunterschiede zwischen Mann und Frau im gleichen Beruf mit der Geburt des ersten Kindes entstehen würde.

Die Kurzeinschätzung von SRF-Wirtschaftredaktor Sven Zaugg

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Ohne sie wüssten wir heute viel weniger über die Stellung der Frauen im Arbeitsmarkt. Claudia Goldin, Ökonomin an der renommierten US-Elite-Universität Harvard, hat die Beteiligung von Frauen am Arbeitsleben der letzten 200 Jahre untersucht.

Und sie hat basierend auf unzähligen Daten gezeigt, dass trotz des anhaltenden Wirtschaftswachstums die Löhne von Frauen nicht mit denen der Männer gleichgezogen haben. Frauen haben zum Beispiel weniger von der Industrialisierung profitiert als Männer, die Heirat und das Kinderkriegen hat Frauen zudem aus dem Arbeitsleben ausgeschlossen.

Mehr Selbstbestimmung für die Frauen und eine höhere Arbeitsquote brachte in den 1960er-Jahren die Verhütungspille. Doch noch immer besteht eine Einkommenskluft, obwohl Frauen heute global gesehen ein höheres Bildungsniveau haben als Männer. Goldins Arbeit, so die Fachwelt, biete eine Grundlage, das Ungleichgewicht, das zwischen Mann und Frau besteht, wirtschaftlich und politisch zu korrigieren.

«Im Laufe des 20. Jahrhunderts stieg das Bildungsniveau von Frauen kontinuierlich an und liegt heute in den meisten Ländern mit hohem Einkommen deutlich über dem von Männern», so die Akademie der Wissenschaften. Claudia Goldin habe gezeigt, dass der Zugang zur Antibabypille eine wichtige Rolle bei der Beschleunigung dieses revolutionären Wandels spiele, indem sie neue Möglichkeiten für die Karriereplanung eröffnet habe.

Wirtschaftsnobelpreis geht meist an US-Bürger

Die Bekanntgaben der diesjährigen Nobelpreisträger sind damit beendet. Letzte Woche wurden eine iranische Frauenrechtsaktivistin, ein norwegischer Autor und insgesamt acht Forschende aus den Bereichen Medizin, Physik und Chemie mit dem Nobelpreis ausgezeichnet.

Positive Reaktionen von Fachkolleginnen und -kollegen

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In der Fachwelt gab es viel Zuspruch für die Auszeichnung von Goldin. Sie habe wesentlich dazu beigetragen, dass die Frau im Arbeitsmarkt, in der Ökonomie sichtbar wurde, kommentiert Isabel Martínez, Ökonomin bei der Konjunkturforschungsstelle KOF der ETH Zürich, die Wahl. «Unter anderem Dank Goldins Arbeiten haben wirtschaftliche Akteure auch ein soziales Geschlecht, mit all den Eigenschaften, das dieses mit sich bringt.»

Das möge heute trivial klingen, aber diese differenzierte Blickweise sei nötig gewesen, um überhaupt über Geschlechterunterschiede, die Berücksichtigung familiärer Pflichten oder flexiblere Arbeitsbedingungen zu diskutieren und sie erforschen zu können, sagte Martínez weiter.

«Goldin hat mit ihren Arbeiten unser Verständnis zu mehr Gleichberechtigung am Arbeitsplatz wesentlich erweitert», sagte ausserdem Achim Wambach, Präsident des Mannheimer Wirtschaftsforschungsinstituts ZEW. Experte Sascha Steffen von der Frankfurt School of Finance & Management kommentierte: «Besonders bemerkenswert sind ihre Erkenntnisse über das anhaltende Lohngefälle zwischen den Geschlechtern. Goldins Beiträge bilden eine wichtige Grundlage für politische Entscheidungen und künftige Forschungen.»

Im vergangenen Jahr waren der frühere US-Notenbankchef Ben Bernanke und die ebenfalls amerikanischen Ökonomen Douglas Diamond und Philip Dybvig ausgezeichnet worden. Sie erhielten die prestigeträchtigen Nobelmedaillen für ihre Erforschung von Banken und Finanzkrisen.

Generell geht der Nobelpreis in Wirtschaftswissenschaften oft an Preisträger, die aus den USA stammen oder dort zumindest tätig sind. Dotiert sind die Nobelpreise in diesem Jahr mit elf Millionen schwedischen Kronen pro Preiskategorie (rund 910'000 Franken), das ist eine Million Kronen mehr als in den Vorjahren.

Eigentlich kein echter Nobelpreis

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Der Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften ist der einzige der Nobelpreise, der nicht auf das Testament von Dynamit-Erfinder und Preisstifter Alfred Nobel (1833 bis 1896) zurückgeht. Er wird seit Ende der 1960er-Jahre von der schwedischen Reichsbank gestiftet und zählt somit streng genommen nicht zu den klassischen Nobelpreisen. Trotzdem wird er gemeinsam mit den weiteren Nobelpreisen feierlich überreicht.

Mehr als 90 Personen haben den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften seit der ersten Auszeichnung 1969 erhalten – darunter waren mit Elinor Ostrom (2009) und Esther Duflo (2019) bislang erst zwei Frauen.

SRF 4 News, 09.10.2023, 12:00 Uhr;

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