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Diskussionssendung «Forum» Blockaden, Sitzstreik, Sachbeschädigung: Was darf Protest?

Klimaaktivisten färben die Limmat grün ein, blockieren mit Gehölz den Eingang zu einer Grossbank oder legen mit Sitzblockaden den Verkehr lahm. Wie weit darf Protest gehen? Diese Frage wurde in der Sendung «Forum» diskutiert.

Im Januar 2020 hat ein Gericht in der Waadt Klimaaktivisten freigesprochen, die in einer CS-Filiale Tennis gespielt hatten. Damit wollten sie die «Heuchelei» der Bank anprangern, die sich gleichzeitig des positiven Images von Roger Federer bediene und gleichzeitig eine «umweltschädliche Investitionspolitik» betreibe – so der Vorwurf der Protestierenden.

Musterprozess in der Schweiz

Die Aktion sei angesichts der Klima-Erwärmung «notwendig und angemessen» gewesen, sagte der Gerichtspräsident des Bezirksgerichts in Renens. Die Aktivisten hätten aus einem «rechtfertigenden Notstand» gehandelt. Dies bezweifelt die Waadtländer Generalstaatsanwaltschaft, die den Fall übernommen hat.

Der Freiburger Staatsrechtsprofessor Marcel Niggli ist sich sicher, dass die nächste Instanz das Urteil korrigieren wird. Das sagte er auf Anfrage von Radio SRF.

Spektakuläre Inszenierungen

Wie weit darf Protest gehen? Für Christian Engeli, ehemaliger Greenpeace-Kampagnenleiter und heutiger Kommunikationsleiter von Public Eye ist die Antwort klar: «Noch viel weiter als alles, was wir bisher gesehen haben in der Schweiz.»

Der Ausserrhoder FDP-Ständerat Andrea Caroni ist Rechtsanwalt und Lehrbeauftragter an der Universität St. Gallen. Ihn bringt das «Credit Suisse»-Urteil in Rage: «Das ist ziviler Ungehorsam. Aber nicht der Aktivisten, sondern des Richters. Ein kleiner Staatsstreich.»

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FDP-Ständerat Andrea Caroni und Christian Engeli, Kommunikationsleiter von Public Eye, diskutierten in der Sendung «Forum» auf Radio SRF 1 über Klimaaktivisten und ihre Protestaktionen.

Weitere Prozesse stehen an

In der Schweiz dürften in den nächsten Monaten weitere Prozesse gegen Klimaaktivisten stattfinden. Allein im Kanton Waadt sind über 100 Mitglieder der Bewegung «Extinction Rebellion» für Aktionen wie zum Beispiel die Grünfärbung der Limmat verurteilt worden. Sie haben die Strafbefehle angefochten. Auch in Zürich und Basel beschäftigt sich die Justiz mit Landfriedensbruch, Sachbeschädigung und Hausfriedensbruch durch Aktivisten.

Zweischneidiges Schwert

Die Stimmung gegenüber Aktionen von Aktivisten kann in der Bevölkerung kippen. In London kam es letztes Jahr zu tumultartigen Szenen, als Aktivisten die U-Bahn lahmlegten. Die Pendler reagierten äusserst erbost auf die Störung und holten die Aktivisten vom Dach des Zugs.

Ziviler Ungehorsam mit langer Tradition

Durch spektakuläre Aktionen auf einen Missstand aufmerksam machen, ist nicht neu. Der britische Quäker Benjamin Lay kritisierte die Sklavenhalter in den USA, indem er in einer Bibel einen Beutel mit rotem Saft versteckte und das Buch mit einem Säbel zerstiess und das «Blut» spritzen liess.

Weitere Beispiele für gesellschaftliche Veränderungen durch zivilen Ungehorsam sind der indische Widerstandskämpfer Gandhi oder Rosa Parks. Sie verhalf mit ihrer Weigerung, ihren Sitzplatz einem weissen Fahrgast zu überlassen, der Bürgerrechtsbewegung in den USA zum Durchbruch.

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