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Fliegende Patienten in Not Wo Fledermäuse Hilfe bekommen – Besuch in der Pflegestation

In Zürich stapeln sich Kisten voller verletzter und geschwächter Fledermäuse. Die grösste Pflegestation der Schweiz versorgt die Tiere rund um die Uhr – mit Mehlwürmern, Medizin und viel Geduld.

Graue Plastikkisten stehen aufgereiht in einem kleinen Raum. Auf ihnen liegen Zettel mit Notizen, daneben weitere Kisten, eine Waschmaschine, ein Narkose-Gerät und ein OP-Tisch. Wir befinden uns in der Notpflegestation für Fledermäuse beim Zoo Zürich.

Es ist die grösste ihrer Art in der Schweiz. «Wir könnten bald die Hundertermarke knacken», sagt Katja Schönbächler, Tierärztin und Leiterin Fledermaus-Notpflegestation. Aktuell sind rund 90 Tiere auf der Zürcher Station, täglich werden neue abgegeben.

Die Fledermaus-Spezialistin freut sich einerseits, dass sie vielen Tieren helfen können. Andererseits sind es immer verletzte oder geschwächte Fledermäuse, oft Jungtiere, die zu ihr kommen. Die Expertinnen und Experten versuchen, die Fledermäuse wieder aufzupäppeln und fit für die Natur zu machen.

Warum brauchen gerade so viele Fledermäuse Hilfe?

Im Sommer werden die Fledermaus-Jungtiere flügge und sind unterwegs. Eine heikle Zeit, in der sie sich verletzen können und teilweise geschwächt sind. Zum Beispiel, weil sie von Katzen verletzt wurden, zu wenig Nahrung gefunden oder ihre Mutter verloren haben.

Privatpersonen bringen die Tiere zur Notpflegestation. Hier schlafen sie tagsüber in grauen Boxen mit Luftlöchern, vor Licht und Lärm geschützt. Nachts fliegen sie in einer Voliere des Zoos.

Vom Aufpäppeln bis zum Operieren

Die Aufgaben, die die Notpflegestation übernimmt, sind breit gefächert. Einige Tiere sind nur ein paar Tage da, erklärt Tierärztin Katja Schönbächler. Sie werden mit Mehlwürmern aufgepäppelt und kehren bald wieder in die Natur zurück. Andere bleiben mehrere Monate auf der Station, weil sie sich zum Beispiel von einer Operation erholen müssen.

«Die Überlegung ist immer: Hat das Tier noch eine Chance in der Natur?», sagt Katja Schönbächler, während sie Risse in den Flügeln einer Fledermaus desinfiziert. Mit der richtigen Pflege kann die Flughaut von selbst heilen.

Kleine Tiere mit grosser Wirkung

In der Schweiz gibt es rund 30 Fledermausarten. 58 Prozent davon sind als gefährdet eingestuft. Viele der Arten sind wenige Zentimeter klein, wiegen gerade mal 5 Gramm – so viel wie zwei Zuckerwürfel.

Warum ist Katja Schönbächler so fasziniert von den kleinen Tieren? «Sie sind die einzigen Säugetiere, die fliegen können», sagt sie und ergänzt: «Und sie sind unglaublich wichtig für unser Ökosystem, weil sie viele Insekten – vor allem Schädlinge – fressen.»

Kann man Fledermäuse ansiedeln?

Box aufklappen Box zuklappen

«Man kann Fledermäuse nicht ansiedeln. Aber man kann sie fördern, in der Hoffnung, dass sie sich selbst ansiedeln», sagt Katja Schönbächler von der Notpflegestation im Zoo Zürich. Zum Beispiel mit Fledermauskasten oder Insektenförderung.

Und: Wer eine verletzte oder geschwächte Fledermaus findet, kann sich an 365 Tagen im Jahr beim Nottelefon der Stiftung Fledermausschutz melden.

Eine Fledermaus frisst pro Nacht bis zu 3000 Mücken – im Blindflug, wohlgemerkt. Denn sie bewegen sich mittels Echoortung durch die Dunkelheit.

Temperaturschwankungen sondergleichen

Apropos Nahrung: Diese können die Fledermäuse nur zu sich nehmen, wenn ihr Körper auf «Betriebstemperatur» ist. Heisst: bei der Jagd etwa 40 Grad.

Im Winterschlaf und während des täglichen Schlafs sinkt die Körpertemperatur auf bis zu 0 Grad ab. So spart die Fledermaus so viele Ressourcen wie möglich – vergleichbar mit dem Ruhemodus am Handy.

Fledermaus wird gefüttert
Legende: Eine Fledermaus erhält Nahrung in der Notpflegestation in Zürich. KEYSTONE/Alexandra Wey

Entsprechend muss Katja Schönbächler warten, bis sie die Fledermaus in ihrer Hand mit den Mehlwürmern vor ihr aufpäppeln kann. Denn: Das Tier muss zuerst die Körpertemperatur erhöhen, um essen zu können. Die Fledermaus zuckt mit dem Rücken, nach wenigen Minuten ist sie bereit: Essenszeit in der Notpflegestation.

Radio SRF 1, «Treffpunkt», 9.7.2025, 10:00 Uhr

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