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Dialektratis Ostschweiz Was unterscheidet Appenzellerinnen von Toggenburgern?

Die traditionellen Mundarten lassen sich recht gut unterscheiden. Gleichzeitig breitet sich der St. Galler Dialekt aus.

Der Appenzeller Dialekt ist wohl vielen bekannt, denn er fällt auf. Speziell sind etwa die vielen «ö» («Sönd wöllkomm!»), die nasalierten Vokale oder das oft verschluckte «r».

Aber wie unterscheiden sich eigentlich die Dialekte von Innerrhoden und Ausserrhoden? Und wie tönt es im benachbarten Toggenburg? Hier ein paar markante Merkmale.

Das «r»: nur angetönt oder sogar ganz verschluckt

Ein relativ einfaches Unterscheidungsmerkmal zwischen Innerrhoder und Ausserrhoder Dialekt ist die (Nicht-)Aussprache des «r» im Silbeninnern und am Silbenende. Im Innerrhoder Dialekt fällt es normalerweise aus. So hört man dort etwa «Moon am Moge gang i z Beg.»

Sennen beim Alpabzug bei Brülisau im Kanton Appenzell Innerrhoden.
Legende: Appenzell Innerrhoden Diese beiden Sennen sprechen wohl anders, als die Kollegen ennet dem Säntis. Keystone / Gian Ehrenzeller

Im Ausserrhoder Dialekt wird das «r» nicht verschluckt, sondern ähnlich wie ein «a» ausgesprochen. Der obige Satz würde in dort also ungefähr «Moan am Moage gang i z Beag.» lauten.

Starker St. Galler Einfluss

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Karte der Kantone Appenzell Inner- und Ausserrhoden. Die an die Stadt St. Gallen grenzenden Gebiete sind schraffiert.
Legende: Herisau und das Appenzeller Mittelland sind mittlerweile Teil der Agglomeration der Stadt St. Gallen. SRF

Die Beispiele im Artikel beziehen sich auf die «ländlicheren» Gebiete Ausserrhodens und auf ältere Sprecherinnen und Sprecher. In den Gebieten, welche an die Stadt St. Gallen angrenzen, hat sich der Dialekt in den letzten Jahrzehnten stark dem St. Galler Dialekt angeglichen und ist von diesem (beziehungsweise von einer Art «Durchschnitts-Ostschweizerdeutsch») teilweise kaum mehr zu unterscheiden.

Das liegt wohl hauptsächlich an der deutlich höheren Mobilität in diesen Kantonsteilen. Ein grösserer Teil der Bevölkerung pendelt für Ausbildung und Arbeit nach St. Gallen und mehr Menschen aus der Stadt ziehen zu. So vermischen sich die Dialekte dort viel stärker als in den entlegeneren Regionen des Kantons.

Das «ei»: monophthongiert zu «ää», «aa» oder «ee»

Typisch appenzellerisch ist die Aussprache von «ei» als «ää». Zwei Geissen heissen dort «zwää Gäässe». Das gilt sowohl für Inner- als auch für Ausserrhoden. Nur im äussersten nordöstlichen Zipfel des Appenzellerlandes, im ausserrhodischen Kurzenberg und in der innerrhodischen Gemeinde Oberegg wird «ei» (wie im angrenzenden unteren Rheintal) zu «aa», also werden zwei Geissen hier «zwaa Gaasse» genannt.

Eine Sonderregel gibt es im Innerrhoder Dialekt: Wenn nach dem «ei» ein «n» oder «m» kommt, wird das «ei» nicht zu «ää» sondern zu «ee». Darum heisst das Heimweh dort nicht «Hääweh» wie in Ausserrhoden, sondern «Heeweh».

Unterschiedliche Wörter in den beiden Appenzell

Natürlich gibt es bei den Appenzeller Dialekten nicht nur lautliche Unterschiede, sondern auch verschiedene Mundartwörter. Oft verlaufen diese Grenzen nicht einfach der Kantonsgrenze entlang.

So wird die Biene im Westen von Ausserrhoden, dem sogenannten «Hinterland» «Biili» genannt, während sie im Resten des Kantons genau wie in Innerrhoden mit dem älteren Mundartwort «Iime» benannt wird.

Eine Karte der Kantone AI und AR. Der Westen des Kantons AR ist anders eingefärbt als der Rest.
Legende: Im Appenzeller Hinterland heisst die Biene traditionell «Biili» im Mittel- und Vorderland sowie in Innerrhoden hingegen «Iime». SRF

Auch ein anderes Tier hat im Appenzellerland unterschiedliche Namen: Der Schmetterling heisst in Innerrhoden «Flickflaude», in Ausserrhoden traditionell «Fifolter», «Pfiffolder» oder «Pfipfolder». Und der Muskelkater wird in Innerrhoden als «Wedegeente» (also der «Widergehende») bezeichnet, in Ausserrhoden hingegen als «Wadespanner».

Toggenburg: kein einheitlicher Dialekt

Ähnlich wie in Appenzell Ausserrhoden gibt es auch im benachbarten Toggenburg keinen einheitlichen Dialekt. Die Mundart des unteren Toggenburgs gleicht dem Ausserrhoder Dialekt: Das «ei» wird dort traditionell ebenfalls als «ää» ausgesprochen. Ebenfalls wird das «r» im Silbeninnern und am Silbenende zu «a». Und auch im unteren Toggenburg bewegt sich der Dialekt in Richtung eines «Durchschnitts-Ostschweizerdeutsch».

Sennen auf der Alp Sellamatt im Toggenburg.
Legende: Die Sennen auf der Alp Sellamatt im oberen Toggenburg sprechen möglicherweise anders, als die Kollegen im unteren Toggenburg. Keystone / Eddy Risch

Die Mundart im oberen Toggenburg (die Grenze ist nicht scharf, sondern eher eine Übergangszone im Raum Wattwil/Ebnat-Kappel) unterscheidet sich deutlich stärker von jener im Appenzellerland. Hier wird das «r» ausgesprochen und das «ei» wird als «äi» ausgesprochen.

Eine Karte der Kantone AI und AR sowie des Toggenburgs zeigt drei unterschiedlich eingefärbte Gebiete.
Legende: Die Aussprache von «ei» am Beispiel eines Sportresultats: Während «ei» im grössten Teil des Appenzellerlandes und im unteren Toggenburg als «ää» ausgesprochen wird, sagt man im äussersten Nordosten «aa» und im oberen Toggenburg «äi». SRF

Während die Dialekte des unteren Toggenburgs und der urbaneren Gebiete von Appenzell Ausserrhoden sich also in Richtung eines «Durchschnitts-Ostschweizerdeutsch» bewegen, werden die ländlicheren Gebiete Appenzell Innerrhoden, Kurzenberg und oberes Toggenburg ihre dialektalen Eigenheiten wohl noch etwas länger bewahren.

Radio SRF 1, «Dini Mundart», 9.2.2024, 09:40 Uhr

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