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Dialekte raten Woran erkennt man die Mundart der Zentralschweiz?

Mundart-Redaktor Markus Gasser verrät Ihnen, wie Sie Menschen aus Uri, Obwalden oder Schwyz an ihrer Sprache erkennen.

Den einen Dialekt der Zentralschweiz gibt es nicht. Zu diesem Schluss kam 1984 der Sprachwissenschaftler Rudolf Hotzenköcherle, nachdem er über tausend Sprachkarten ausgewertet hatte. Und doch erkennen wir Menschen aus dieser Region zuverlässig an ihrer Sprache! Aber warum?

«I de Schuel hends alligs Prüffige»

Einerseits wegen bestimmten Wörtern. Hotzenköcherle fand in seiner Untersuchung ein paar sogenannte «Schibboleths», das heisst sprachliche Alleinstellungsmerkmale, die grosso modo in allen fünf Zentralschweizer Kantonen – und nur dort! – gelten. Dazu gehören die Wörter «allig» oder «alligs» für jeweils (in anderen Dialekten «albe», «amigs» etc.).

Ans Hochdeutsche angelehnt sind die Zentralschweizer Ausdrücke «Prüffig» und «vielleicht» statt «Prüeffig» und «vilicht». Das Wasser trinkt man in der Zentralschweiz nicht «pur» oder «lötig», sondern «läär». Dazu kommt eine Handvoll eher veraltete Wörter wie «pungge» für anstupsen , «dienig» für dienstfertig, brauchbar oder «heebsch» für sonderbar, garstig .

...le ton qui fait la musique

Wer aber beim Dialektratis im Smalltalk nicht warten will, bis das Gegenüber endlich irgendein verräterisches Wort braucht, hält sich an die Aussprache, an den Sound einer Mundart. Ein prächtiges Beispiel für die Soundvielfalt der Zentralschweiz ist die Aussprache von Haus .

Karte Zentralschweiz
Legende: Wie sagt man in der Zentralschweiz 'Haus'? SRF

Wer «es scheens Hüüs» besitzt, kommt aus dem Kanton Uri (oder aus dem Wallis, wobei man dort eher «hibsch» sagt als «scheen»); «es scheens Huis» dagegen hat man in Ob- und Nidwalden. Nur in Engelberg ist es «es schööns Höis». Diese Unterschiede gelten natürlich auch für andere Wörter mit Normalschweizerdeutsch langem «u», etwa «Muus», «du», «fuul» oder «Schuufle».

Wo brennt das «Feyr» und wo das «Fuir»?

Eindeutig ist die Herkunft, wenn jemand «Feir», «meis» oder «nein» sagt für Feuer , mein oder neun . Die Person ist höchstwahrscheinlich aus Nidwalden. Ähnlich wie das Hochdeutsche hat Nidwaldnerdeutsch aus dem langen «i» («Fiir», «miis», «niin»), wie es in Uri oder Obwalden ausgesprochen wird, einen Doppellaut gemacht. Allerdings klingt der nicht wie hochdeutsch «äi», sondern wie in englisch «say». Anschauungsbeispiel ist «Das Feyr vo dr Sehnsucht», das der Jodlerklub Wiesenberg zusammen mit Francine Jordi eingesungen hat.

Auch beim Feuer fährt Engelberg ein Extrazügli. Traditionell spricht man hier vom «Fuir». Solche lokale Eigenheiten haben mit der jahrhundertelangen Isolation der abgelegenen Gemeinden zu tun. Ganz ähnlich ist es in Giswil und Lungern am Brünigpass. «E guets Buech» ist hier «es giots Bioch».

«Wänn s schniit, sind d Strousse schöin wiiss vum Schnéè»

Grundsätzlich gilt: Je weniger abgeschieden, desto weniger markante Eigenheiten. Luzerner und Luzernerinnen erkennt man bekanntlich an der Verstärkungsform «rüüdig». Wenn sie dieses alte Wort denn überhaupt noch brauchen. Und die Einheimischen aus dem nördlichen Kantonsteil von Schwyz erkennt man an bestimmten Doppellauten anstelle von Langvokalen wie bei «Strouss» ( Strasse ), «schöin» ( schön ) oder «Schnéè» (sprich «Schneeä» Schnee ).

Karte Zentralschweiz
Legende: Wie sagt man 'Feuer' in der Zentralschweiz? SRF

Heute passen sich die Menschen immer mehr einem regionalen Ausgleichsdialekt an, das heisst sie vermeiden solche markante Merkmale. Und doch: Wenn man sich auf die Kombination von Wörtern und Aussprache achtet, kommt man der Herkunft einer Person oft recht gut auf die Schliche. Sagt jemand: «Mer hend ou möse lache», ist die Wahrscheinlichkeit einer Luzerner Herkunft gross. Denn die Kombination «hend» mit «ou» und «möse» ist recht typisch.

Die Zuger Kabarettistin Judith Stadlin brachte es in einem Gespräch in der SRF Mundartsendung «Schnabelweid» einst auf den Punkt. Sie könne nicht definieren, was Zugerdeutsch genau sei. Aber wenn jemand Zugerdeutsch rede, erkenne sie es sofort!

Buchtipps

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Legende: SRF
  • Kleiner Sprachatlas der deutschen Schweiz, herausgegeben von Helen Christen, Elvira Glaser, Matthias Friedli. Huber Verlag 2013. Online-Karten des Sprachatlas .
  • Rudolf Hotzenköcherle: Die Sprachlandschaften der deutschen Schweiz. Verlag Sauerländer 1984 (vergriffen, antiquarisch erhältlich)

Welche typischen Ausdrücke kennen Sie aus der Zentralschweiz? Schreiben Sie uns in die Kommentare.

Radio SRF1, DiniMundart, 29.4.2022, 9:40 Uhr

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