In Genf diskutieren diese Woche mehr als 180 Staaten über neue WHO-Massnahmen gegen Tabak, etwa ein Filterverbot oder weniger Aromastoffe. Die Schweiz ist Gastgeberin – jedoch selbst nicht Teilnehmerin der Konferenz. Warum sie bei der Tabakprävention kaum vorwärtskommt, erklärt Wolfgang Kweitel von der Arbeitsgemeinschaft Tabakprävention Schweiz.
SRF : Mit welchen Gefühlen schauen Sie diese Woche nach Genf?
Wolfgang Kweitel: Es ist spannend, denn das ist bereits das elfte Treffen der Vertragsstaaten – nur gehört die Schweiz leider nicht dazu. Umso wichtiger ist es für uns, genau hinzuschauen, welche Empfehlungen dieses Jahr beschlossen werden.
Einer der diskutierten Vorschläge betrifft Tabakfilter. Weshalb sollen gerade Filter verboten werden?
Filter haben keine Schutzfunktion für die Gesundheit. Sie vermitteln einen falschen Eindruck von Sicherheit – und sie sind ein massives Umweltproblem.
Wir mussten sogar eine Volksinitiative gewinnen, um Bewegung in das Thema zu bringen. Die Tabakindustrie ist in der Schweiz sehr stark vertreten.
Weltweit und auch in der Schweiz sind Zigarettenfilter einer der grössten Plastikabfälle im öffentlichen Raum.
Ebenfalls zur Diskussion steht ein Verbot von Aromen. Worum geht es da?
Es geht darum, Tabakprodukte weniger attraktiv zu machen. Aromen dienen dazu, besonders jüngere Konsumierende anzusprechen. Ein klares Verbot wäre ein wichtiger Schritt – und gehört zu den zentralen Empfehlungen dieses Treffens.
Gastgeberin ist die Schweiz, aber sie hat die Anti-Tabak-Konvention nicht ratifiziert. Wo steht die Schweiz in der Prävention?
Wir sind Schlusslicht. Je nach Ranking weltweit ganz hinten.
Warum ist das so?
Es fehlt der politische Wille. Wir mussten sogar eine Volksinitiative gewinnen, um überhaupt Bewegung in das Thema zu bringen. Hinzu kommt: Die Tabakindustrie ist in der Schweiz sehr stark vertreten – auch aktuell, mit Parallelveranstaltungen und Lobbyaktivitäten in Genf.
Und gleichzeitig gibt es Länder, die viel weiter sind. Wer nimmt aktuell eine Vorreiterrolle ein?
Beispiele sind Frankreich oder auch Staaten der EU, die bereits seit Jahren Aromen bei Tabakzigaretten verbieten. Manche Länder wie die Niederlande oder Finnland weiten solche Verbote inzwischen auf weitere Nikotinprodukte aus.
In manchen Ländern wird auch über Generationenverbote diskutiert – also, dass Personen ab einem bestimmten Geburtsjahr nie Tabak kaufen dürfen. Ist das ein Modell für die Schweiz?
Nein, noch nicht. Solche Ideen entstehen erst, wenn der Anteil junger Raucherinnen und Raucher sehr tief ist – unter fünf Prozent. Davon sind wir weit entfernt. Rund ein Viertel der Schweizer Bevölkerung raucht oder konsumiert Nikotinprodukte.
Die Beschlüsse dieser Woche sind nicht bindend. Bringen solche Treffen trotzdem etwas?
Ja. Das Abkommen gibt eine Richtung vor, und die Empfehlungen wirken als Schub. Sie setzen politische Signale und schaffen internationalen Druck. Für die Schweiz wäre eine Ratifizierung wichtig, damit solche Impulse auch hier Wirkung entfalten. Momentan setzen wir nicht einmal die bestehenden Regeln konsequent durch.
Das Gespräch führte Stefan Siegentaler.