Darum geht es: In der Schweiz soll «jede Art» von Werbung für Tabakprodukte, die Kinder und Jugendliche erreicht, verboten werden. Das steht in der Bundesverfassung, seit das Schweizer Stimmvolk vor drei Jahren Ja gesagt hat zu einer entsprechenden Volksinitiative. Ein komplettes Verbot soll es allerdings nicht geben: Das Parlament will die Initiative nicht wortgetreu umsetzen, sondern strebt einen Mittelweg zwischen einer sehr liberalen Haltung und einem totalen Werbeverbot an.
So sieht der Kompromiss aus: Tabakwerbung in Zeitungen und Zeitschriften wird verboten, es sei denn, die Werbung befindet sich im Innenteil von Publikationen, die mehrheitlich über Abonnements verkauft werden und deren Leserschaft zu mindestens 98 Prozent aus Erwachsenen besteht. Laut dem Bund dürften mit dieser Neuregelung rund 50 Zeitungen und 40 Zeitschriften in der Schweiz weiterhin Tabakwerbung publizieren. Auch der Verkauf von Tabakprodukten durch mobiles Verkaufspersonal an öffentlichen Orten soll möglich bleiben. Es muss jedoch sichergestellt sein, dass die Werbung für Minderjährige weder sichtbar noch zugänglich ist.
Die Frage der Verfassungskonformität: Unter Juristinnen und Juristen gebe es unterschiedliche Einschätzungen, ob die Regelung des Parlaments verfassungskonform sei. Im letzten Herbst hat sich das Bundesamt für Justiz auf den Standpunkt gestellt, dass die jetzt beschlossenen Ausnahmen für Zeitungen und Zeitschriften nicht mit der Bundesverfassung vereinbar sind. Denn dort sei seit der Annahme der Initiative klar festgehalten, dass Werbung Minderjährige nicht erreichen dürfe. Das sei mit der jetzigen Formulierung im Gesetz nicht sichergestellt.
Die Reaktion des Initiativkomitees: Diese fällt zwar nicht begeistert aus, doch das Komitee akzeptiert den Entscheid im Parlament. In einer Medienmitteilung schreibt es von einem «versöhnlichen Abschluss». Der Auftrag aus der Volksabstimmung werde «in knapp genügender Form» umgesetzt: Das Parlament habe «tragfähige Kompromisse gefunden, die auch für die Trägerschaft der Initiative akzeptabel sind.» Das Initiativkomitee verzichtet auf das Referendum gegen die Vorlage. Es will aber genau verfolgen, wie der Bundesrat die Details regelt. Viele Formulierungen im Gesetz bieten nämlich noch Interpretationsspielraum.