Schweizerinnen und Schweizer buchen ihre Badeferien im Süden je länger je mehr im Herbst statt im Sommer. Dieser Trend ist seit ein paar Jahren zu beobachten. Dass sich der Herbst als beliebte Reisesaison etabliert hat, beobachtet auch die Tourismus-Expertin Nicole Stuber-Berries von der Luzerner Fachhochschule.
SRF: Woran erkennt man den zunehmenden Trend, im Herbst statt im Sommer in den Süden in die Badeferien zu verreisen?
Nicole Stuber-Berries: Dass es sich explizit um Badeferien handelt, kann man nicht mit Sicherheit sagen. Mit Zahlen belegen kann man aber, dass sich im Herbst 2024 ca. 15 Prozent mehr Ausländerinnen und Ausländer im Mittelmeerraum aufhielten, als das noch 2023 der Fall war. Online-Plattformen, die Unterkünfte anbieten, verzeichnen bis zu 25 Prozent mehr Buchungen.
Die herbstlicheren Temperaturen laden neben Strandferien auch zu Kulturtourismus, Städtebesichtigungen oder sportliche Aktivitäten ein.
Mit grosser Wahrscheinlichkeit stehen nicht nur Badeferien im Zentrum: Die herbstlichen Temperaturen laden neben Strandferien auch zu Kulturtourismus, Städtebesichtigungen oder sportliche Aktivitäten ein.
Sind die angenehmeren Temperaturen die Beweggründe, im Herbst zu verreisen oder gibt es noch weitere?
Im Herbst hat es tendenziell weniger Touristinnen und Touristen und dementsprechend mehr Platz an den touristischen Hotspots. Vielleicht kann man auch besser mit der lokalen Bevölkerung interagieren, wenn allgemein weniger los ist.
Dazu kommt, dass die Ferientarife im Herbst tendenziell doch immer noch eher tiefer sind als im Sommer – die Schulferien ausgeschlossen.
Welche Herausforderungen stellen sich für die Anbieterinnen und Anbieter, wenn immer mehr Leute im Herbst verreisen?
Die Saison muss länger aufrechterhalten bleiben. Viele Hotels sind eher auf den Peak im Sommer ausgerichtet. Diese Umstellung muss neu organisiert werden.
Im Mittelmeerraum werden immer häufiger Erntedank- oder ähnliche Herbstfeste wie Olivenernte oder Weinlese touristisch vermarktet.
Manche Attraktionen haben im Herbst nicht mehr gleich geöffnet, andererseits werden neue Angebote kreiert. Im Mittelmeerraum werden beispielsweise immer häufiger Erntedank- oder ähnliche Herbstfeste wie Olivenernte oder Weinlese touristisch vermarktet.
Was heisst das für die Zukunft? Läuft der Herbst dem Sommer den Rang ab?
Das muss differenziert betrachtet werden. Der Herbst hat nicht das Gleiche zu bieten wie der Sommer, er hat aber noch mehr Kapazität, um zu wachsen. Es ist eine optimale Reisezeit für Familien mit Kindern oder für ältere Menschen.
Im Sommer sind die Kapazitäten ausgelastet, da ist kein Wachstum mehr möglich. Im Herbst sieht es anders aus.
Auch für die Generation Z, die vermehrt im Homeoffice arbeitet kann, ist der Herbst als Reisezeit populär geworden. Man wird wahrscheinlich zunehmend von einem Ganzjahrestourismus sprechen – was auch im Interesse der Touristiker ist. Im Sommer sind die Kapazitäten ausgelastet, da ist kein Wachstum mehr möglich. Im Herbst sieht es anders aus.
Das Gespräch führte Sandra Schiess.