1989 hat der Bund die gesetzlichen Grundlagen für Tempo 30 geschaffen. Ein Jahr später entstand in Winterthur die erste Tempo-30-Zone. Viele weitere im ganzen Land folgten.
Per Anfang 2023 vereinfachte der Bundesrat die Einführung von Tempo 30 auf «siedlungsorientierten Strassen» (Nebenstrassen und in Wohnquartieren). Seither ist dafür kein Gutachten mehr nötig.
Auf «verkehrsorientierten Strassen» (Hauptstrassen, Durchgangsstrassen) ist für die Einführung von Tempo 30 weiterhin ein Gutachten nötig. Gründe für die Herabsetzung der allgemeinen Höchstgeschwindigkeit sind: Beheben eines Gefahrenpotentials, Erhöhung der Sicherheit, Verbesserung des Verkehrsflusses, Verminderung der Umweltbelastung (inkl. Lärmschutz).
Tempo 30 Boom
Mittlerweile wohnen rund 40 Prozent der Schweizer Bevölkerung in einer Tempo-30-Zone. Sie profitieren von mehr Wohnqualität und Verkehrssicherheit. Auf verkehrsorientierten Strassen im dichten Siedlungsgebiet, wo die Lärmemissionen am grössten sind und sich am meisten schwere Unfälle ereignen, kam Tempo 30 bisher selten zur Anwendung.
In Fachkreisen wird Tempo 50 als Regelgeschwindigkeit jedoch immer stärker infrage gestellt. Die Städte drosseln vermehrt die Geschwindigkeiten in Wohngebieten. In Freiburg gilt seit letztem Herbst sogar auf der Mehrheit der Hauptverkehrsachsen Tempo 30.
Parlament will mehr Tempo
Gegen flächendeckendes Tempo 30 in den Städten regt sich nun Widerstand. Eine Motion des Luzerner FDP-Nationalrats Peter Schilliger fordert, dass auf Hauptstrassen auch innerorts Tempo 50 gelten soll.
Trotz Gegenwehr von Links-Grün und gegen den Willen des Bundesrates setzten sich die Bürgerlichen durch. Sowohl National- als auch Ständerat haben die Motion angenommen.
Vor- und Nachteile Tempo 30
Tempo-Beschränkungen würden sich «chaotisch» ausbreiten, heisst es in der Begründung. Deshalb müsse gehandelt werden:
Begründungen der Gegner: Tempo 30 …
- … verschlechtert den Verkehrsfluss
- … erhöht die Durchfahrtszeit
- … verlagert den Verkehr von den Hauptstrassen in die Quartiere
- … behindert Blaulichtorganisationen (Polizei, Feuerwehr, Sanität)
- … verlangsamt den ÖV und führt damit zu Mehrkosten
Begründungen der Befürworter: Tempo 30 …
- … erhöht die Verkehrssicherheit
- … vermindert Lärm- und Schadstoffemissionen
- … erhöht die Durchfahrtszeit nur minim / ... verbessert u.U. sogar den Verkehrsfluss
- … behindert die Blaulichtorganisationen nicht oder nur unwesentlich
- … verlangsamt den ÖV nur minim, der Zeitverlust kann in den meisten Fällen kompensiert werden
Unschweizerisch oder nötig?
Das Parlament will im Strassenverkehrsgesetz festschreiben, dass auf Hauptstrassen innerorts Tempo 50 gilt. Dies sei unbedingt nötig, sagen die Einen, um den «Tempo-30-Wildwuchs» einzudämmen und Autofahrende nicht weiter auszubremsen.
Für die Anderen ist der Entscheid des Parlamentes unverständlich und unschweizerisch, weil Bundesbern von oben herab die Autonomie der Gemeinden und Städte einschränkt. Diese wüssten selber am besten, wo Tempo 30 Sinn macht und wo nicht. Zudem können die Kantone bei Tempo-30-Vorhaben schon heute das Veto einlegen und tun dies auch.
Ist Tempo 30 auf Hauptstrassen innerorts sinnvoll oder nicht? Diskutieren Sie mit unten in den Kommentaren.