«Bisch parat?», fragten die Rapper im Titeltrack zur ersten Staffel «Big Brother Schweiz». Und das Publikum war es: Vor 25 Jahren bekamen sie eines der erfolgreichsten Reality-TV-Formate.
25 Jahre «Big Brother Schweiz»
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Bild 1 von 4. Container als Filmstudio. In Glattfelden entsteht das Filmstudio, wo die Teilnehmenden fast 100 Tage verbringen werden. (Stand 11. August 2000). Bildquelle: KEYSTONE / Steffen Schmidt.
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Bild 2 von 4. «Big Brother» Cast mit Moderator Dani Fohrler. Am 3. September 2000 startete die erste Staffel von «Big Brother» in der Schweiz. Bildquelle: KEYSTONE / Michele Limina.
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Bild 3 von 4. Das grosse Finale. Der Vorplatz des Big Brother Containers in Glattfelden/ZH ist am Finaltag bis zum letzten Platz gefüllt. Bildquelle: Keystone/Michele Limina.
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Bild 4 von 4. Siegerin Daniela. Daniela gewann als erste Frau die Staffel von «Big Brother» in der Schweiz. In anderen Ländern holten sich bis damals nur Männer den Sieg. Bildquelle: KEYSTONE / Michele Limina.
Die Sendung stiess auf Begeisterung. Reality ist bis heute ein Dauerbrenner: «Es ist die Freude am Trash – ich gucke irgendwas, worüber ich nicht gross nachdenken muss», begründet SRF-Kulturkritiker Enno Reins den Erfolg. Vor seiner Stelle bei SRF arbeitete er für «Big Brother Deutschland».
Gemäss Enno Reins hat die Freude am Trash auch etwas mit Voyeurismus und Schadenfreude zu tun. Christine Lötscher, Professorin für Populäre Literaturen und Medien an der Universität Zürich, sieht es ähnlich: «Klar hat es einen voyeuristischen Touch, und es hat auch damit zu tun, andere Leute abzuwerten. Aber für mich steht das Mitfiebern und die Neugier im Mittelpunkt.»
Reality-TV lebt von Diskussionen. Sei es offline oder in den Sozialen Medien.
Der zentrale Punkt, weshalb Reality-TV heute noch funktioniere, sieht Lötscher aber im Diskurs über diese Formate: «Diese Formate leben von der Diskussion. Sei es in einem Reaction-Video auf Social Media oder bei einer Offline-Konversation mit der Kollegin über das Verhalten der Teilnehmer.»
Sender provozieren die Konflikte
Für solche Diskussionen braucht es Emotionen. «Alles, was einem dazu bringt, sich aufzuregen, funktioniert», sagt Christine Lötscher. «Ein Reality-Format braucht einen Cast, der Konflikte erzeugt», meint auch Enno Reins.
Natürlich schneidet man ein solches Format so, dass der Spass und der Konflikt am grössten ist. Es ist ja kein Dokumentarfilm.
Wichtig ist aber auch, dass es nicht nur Streit gibt, meint Enno Reins: «Es braucht Leute, die sich näher kommen. Sex in so einem Format ist immer noch eine grosse Sache, auch wenn meist nur harmlose Infrarotaufnahmen zu sehen sind.» Grundsätzlich wolle man eine Geschichte erzählen. Dafür schneide man die Sendung so unterhaltsam wie möglich – «es ist ja kein Dokumentarfilm». Dies führt wiederum zu mehr Partizipation und Diskussion.
Reality-TV ist konservativ
Seit 2021 gibt es in Deutschland das Trash-Format «Princess Charming», bei dem homosexuelle Frauen die «Liebe ihres Lebens» finden können. «Reality-TV lebt davon, aktuelle Themen aufzugreifen und zu diskutieren. Dadurch wird auch eine neue Zielgruppe erreicht», sagt Christine Lötscher.
Doch am Ende suchen die Teilnehmenden immer nach der Liebe ihres Lebens – oft in Form einer monogamen Beziehung. Dies sei dann wieder konservativ.
Auch bei altgedienten Sendungen wie «Germany’s Next Topmodel» (läuft seit 2006) versuchen die Macher, mit der Zeit zu gehen, indem sie beispielsweise auch Plus-Size-Models zulassen. Laut der Kulturwissenschaftlerin Christine Lötscher hat sich das Konzept jedoch kaum verändert: «Es ist etwas diverser geworden. Aber die Grundidee, dass Schönheit ein absoluter Wert ist und schöne Menschen besser und erfolgreicher sind, bleibt.»
Das liegt gemäss Christine Lötscher vor allem daran, dass die TV-Sender und Streaminganbieter kein Risiko eingehen wollen: «Bei Reality-Formaten geht es darum, auch das konservative Publikum abzuholen und ein bisschen zu überraschen.» Auch wenn die Sendungen ihr konservatives Grundmuster beibehalten, müssen sie laut der Kulturwissenschaftlerin regelmässig aktuelle Themen aufgreifen, um relevant zu bleiben.