Bis vor gut einem Jahr waren Shows des US-Rappers Macklemore eine Mischung aus Hip-Hop-Konzert und Clubferien-Animation mit Fake-Pelzmänteln, Wasserpistolen und Tanzwettbewerben.
Dann releaste der Musiker den Track «Hind's Hall» und machte seine Position im Gaza-Konflikt unmissverständlich klar. Reiht sich Macklemore mit seinem Gurten-Gig in die Reihe von Acts ein, die wie beispielsweise Kneecap am Glastonbury ihre Openair-Auftritte zu Pro-Palästina-Protesten gemacht haben?
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Bild 1 von 5. Bis ganz oben auf dem Gurten stehen die Leute am ausverkauften Mittwoch. Diese Aussicht geniesst sogar ein Musik-Kaliber wie Macklemore kurz ohne Sonnenbrille. Bildquelle: Keystone/Anthony Anex.
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Bild 2 von 5. Und entdeckt dabei die paar Palästina-Fahnen (hier oben rechts im Bild) in der vor allem für die Party auf den Berner Hausberg gepilgerte Menge. Bildquelle: Keystone/Anthony Anex.
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Bild 3 von 5. Vielleicht sind die Band-Outfits mit den Farben Grün, Weiss und Orange (Macklemore selbst streift sich später noch ein rotes Top über) zufällig gewählt. Oder sie sind inspiriert von der Palästina-Flagge. Bildquelle: Keystone/Anthony Anex.
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Bild 4 von 5. Macklemore garniert seine Gurtenfestival-Show mit politischen Statements, im Zentrum steht aber der Spass – hier symbolisiert durch den Fake-Fur-Leo-Mantel. Bildquelle: Keystone/AP/Anthony Anex.
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Bild 5 von 5. Und hier durch die Wasserpistole – wobei am frischen Mittwochabend auf dem Gurten keine Abkühlung nötig war. Bildquelle: Keystone/Anthony Anex.
Wer darauf sensibilisiert ist, sieht die politischen Statements von der ersten Sekunde an. Der 42-Jährige trägt eine kleine Kufiya als Halstuch, die Band hat vorwiegend die Farben Grün und Weiss an, der Drummer ergänzt mit Orange – das erinnert an die Farben der palästinensischen Flagge. Dazu wehen von Anfang an einige Palästina-Flaggen im Publikum.
Palästina-Flaggen und -Rufe
Auf dem Musikprogramm stehen zunächst aber Chöre (Opener «Chant»), pumpende Banger (Durchbruch-Single «Thrift Shop») und LGBTIQ+-Gleichstellungs-Hymnen («Same Love»). Dann aber wird Macklemore ernst: «Ich weiss, dass einige Leute nicht wollten, dass ich hier auftrete.»
Damit spricht er die Debatte an, nachdem der deutsche Zentralrat der Juden dem Amerikaner im April «krude Kritik an Israel» und Verharmlosung des Holocausts vorwarf.
«Ich lasse mich nicht zum Schweigen bringen», stellt Macklemore klar. «Ich lasse mir das Herz in meiner Brust nicht zensieren.» Und dann: «Free Palestine.» Die Menge jubelt. Und er führt aus, dass Liebe, Gleichheit und Freiheit das Ziel seien. Darauf folgt «Hind's Hall», am Ende des Tracks ruft der Rapper einige Male «Free, free Palestine!», ein Teil des Publikums ruft es als Echo zurück.
Mehr Party als Politik
Von einem lautstarken Protest ist die Gurtenfestival-Menge jedoch weit entfernt. Oder anders: Die Message kommt an, aber nicht an die Stimmung bei den grossen Hits heran. Kaum sind die Rufe verstummt, watet Macklemore wieder durch seichte, aber wirksame Popgewässer mit Crowdpleasern wie «These Days» und «Glorious».
Erst Spass-Programm, dann Polit-Statement, danach wieder Spass-Programm: Der Protest-Block kann zuweilen etwas aufgesetzt wirken in der Setlist. Wiederum sind Macklemore-Shows seit Jahren ein wild zusammengeschnürtes Entertainment-Paket, in das aus aktuellem Anlass mehr Politik als sonst gestopft wird.
Und auch wenn er die Unterhaltung in den Vordergrund stellt, lässt Macklemore es sich nicht nehmen, das Gurten-Publikum mit einem «Free Palestine» zu verabschieden.