Wenn ein Song aus den frühen Nullerjahren, als Streaming höchstens ein feuchter Traum von Napster-Powerusern war, mehr als eine Milliarde Spotify-Plays ausweist, zeigt das: Das ist nicht bloss eine beliebte Nummer, das ist ein Generationen überdauerndes Stück Musikgeschichte. In diese Kategorie gehören unter anderem «Toxic» von Britney Spears, Linkin Parks «In the End» – und «Take Me Out» von Franz Ferdinand.
Der unwiderstehlich treibende Post-Punk-Revival-Banger gehört nach wie vor auf die Playlist jeder respektablen Indie-, ach, Pop-Party und hat auch 21 Jahre nach seinem Release nichts von seiner Sexyness und Anziehungskraft eingebüsst. Das zeigte sich auch am Gurtenfestival-Freitag, als der schottische Fünfer als einer der wenigen Rock-Acts auf dem 2025er Line-up die Massen nicht nur anlockte, sondern auch zu zahlreichen Circle- und Moshpits begeisterte.
Vor dem Gig sprach SRF 3 mit Frontmann Alex Kapranos über den Gitarren-Megahit. Das ganze Interview gibt's oben im Video und hier unten sind die drei erstaunlichsten Erkenntnisse daraus.
1. Das Tempo wechselt, weil sie beduselt waren
Neben seiner fesselnden Eingängigkeit besticht «Take Me Out» auch mit seiner überraschenden Ungewöhnlichkeit: Die Strophe galoppiert nach vorne, dann drosseln Franz Ferdinand das Tempo und wechseln für den Refrain in den Trab. Sowas gibt's in Popsongs selten.
-
Bild 1 von 3. Tanzschuhe an, Moves dabei: Alex Kapranos hüpft seit der Bandgründung 2002 an der Spitze von Franz Ferdinand. Bildquelle: SRF/Lena Rhyner.
-
Bild 2 von 3. Klar, das Haar ist etwas schütterer als auch schon – bei Teilen der Gurten-Crowd ebenfalls. Der Spielfreude der schottischen Band tut das aber keinen Abbruch. Bildquelle: SRF/Lena Rhyner.
-
Bild 3 von 3. Alex Kapranos verneigt sich vor dem Gurtenfestival-Publikum – das im Gegenzug vor Franz Ferdinand in die Knie geht und aus dem Feiern fast nicht mehr rauskommt. Bildquelle: SRF/Lena Rhyner.
Und es war auch nicht geplant, wie Alex erzählt: «Wir schrieben einen Teil des Stücks und gingen dann aus für einen Drink – na ja, für ein paar Drinks. Dann kamen wir zurück, schrieben den anderen Teil und merkten, dass wir nach den Drinks schneller geworden waren.»
Sie hätten es einfach nicht hinbekommen, dass das Tempo der Strophe mit dem des Refrains zusammenpasst. Und entschieden sich darum dazu, einfach alle Strophen an den Anfang zu nehmen und danach alle Refrains zu spielen – und schufen so einen Indie-Klassiker. Und welcher Drink entfesselte diese Magie? «Es dürfte Whisky gewesen sein», so der Bandleader, «wir haben eine Menge Whisky getrunken.»
2. Das Riff ist, äh, geliehen
Beziehungen, Weltschmerz, Baustellen – Inspiration kann gefühlt unendlich viele Ursprünge haben. Manchmal kommt sie aber auch einfach von der vorprogrammierten Begleitmelodie eines Yamaha-Keyboards, verrät Alex Kapranos: «Es hatte diese Bluegrass-Einstellung und ich tüftelte mit unserem früheren Gitarristen Nick [McCarthy] rum. Für sein Refrain-Riff spielte er eigentlich einfach diese Melodie nach. Es geht darum, herumzualbern und Spass zu haben – ich glaube, so entsteht die beste Musik.»
3. Der Song hat einen weltberühmten Fan
Apropos Inspiration: Die Idee für die Lyrics kam dem Sänger, nachdem er den Zweiter-Weltkriegs-Film «Enemy at the Gates» gesehen hatte, in dem zwei Scharfschützen darauf warten, dass der jeweils andere seine Position verrät, also den ersten Schritt macht – quasi wie in der Liebe.
Eine der Hauptrollen im Streifen spielt Jude Law, dessen Nanny Alex zufällig mal im Flugzeug traf und die ihm verriet, dass der Hollywood-Star ein grosser Fan sei. «Ich habe ihr gesagt, sie solle ihm ausrichten, dass er eine Inspiration für den Song war», so der Musiker. Kennengelernt habe er den englischen Schauspieler jedoch nie. «Aber ich habe sein Kindermädchen getroffen und sie war nett.»