Keinen anderen Act begrüsst das Gurten-Publikum mit so viel Gekreische wie Will Smith. Was nicht verwundert, schliesslich steht am Samstagabend einer der grössten Hollywood-Stars überhaupt auf der Hauptbühne. «Beeern, are you ready?», ruft der Rapper und Schauspieler zum Start seines Sets – dem Getöse nach ist die Bundesstadt das aber sowas von.
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Bild 1 von 3. Will Smith bedient sich auf dem Gurten der klassischsten der klassischen Crowd-Animationen, dirigiert die Menge mit «Hey» und «Ho» – und macht damit alles richtig. Bildquelle: SRF/David Marbach.
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Bild 2 von 3. Seine Tanztruppe (im Bild) wird später im Set beim 1997er Hit «Men in Black» von der Berner New Dance Academy (nicht im Bild) begleitet. Lokales Talent fördern und Reisekosten sparen, weil er nicht alle Tänzerinnen einfliegen muss – Win-Win! Bildquelle: SRF/David Marbach.
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Bild 3 von 3. Der Hollywood-Grösse steht die Spielfeude in jeder der 70 Konzertminuten ins Gesicht geschrieben. Und man freut sich gerne mit Will Smith mit. Bildquelle: SRF/David Marbach.
Und Smith reisst sie direkt mit und aus der Reserve, legt nach dem Opener mit dem Klassiker «Gettin' Jiggy Wit It» los und setzt sich dabei die Sonnenbrille eines Fans auf – die er kurz danach natürlich zurückgibt. In der darauffolgenden Stunde inszeniert sich Will Smith ähnlich nahbar, locker und gut aufgelegt. Und man glaubt es ihm gerne.
Da oben rappt und tanzt einer der bekanntesten Menschen der Entertainment-Branche, schwitzt Bäche und stellt jedes Mitglied seiner Live-Truppe vor, sowohl die Tänzerinnen als auch die Band. Sympathischer geht fast nicht.
Ein grosses Stück Popkultur-Geschichte
Der Headliner-Gig ist manchmal mehr Las-Vegas-Show als klassisches Konzert, amerikanische Unterhaltung auf sehr hohem Niveau eben. Dabei nimmt Smith die Leute mit durch sein gesamtes musikalisches Schaffen, das in den 80ern begann, bis in die 2000er dauerte und nun nach 20-jähriger Studiopause (und drei Jahre nach der skandalträchtigen Oscar-Ohrfeige) mit der 2025er Platte «Based on a True Story» weitergeht. «Miami», «Summertime», «Boom! Shake the Room» – alles da.
Er präsentiert aber auch sein Schauspiel-Werk, darunter die Titelsongs seiner mehr («Men in Black») oder weniger («Wild Wild West») erfolgreichen Kinofilme und die Kult-Sitcom «The Fresh Prince of Bel-Air». James Avery, Smiths Serien-Onkel Phil, verstarb 2013 und der Rapper gedenkt ihm auf der Bühne, Gurtenfestival-Mitgründerin Kathrin Hallauer gibt dabei die Übersetzerin. Hochglanz-Inszenierung und Emotionen, einmal mehr.
Darüber hinaus zeigt Will Smith mit all diesen Stationen seiner Biografie aber vor allem, dass auf dieser Bühne gerade ein wichtiges Stück Popkultur-Geschichte erlebt und gefeiert wird.
Ein kleines bisschen Fremdschämen
Perfekt ist der Auftritt nicht. Dass ein 56-jähriger Mann in einem schrecklich plumpen und noch dazu im Jahr 2025 releasten Track verkündet, dass er auf «Pretty Girls» abfährt, ist so unpassend wie unangenehm. Unschön auch, dass er den «The Fresh Prince of Bel-Air»-Intro-Song nur als Mash-up mit dem Track «Switch» performt, statt dem Publikum zu geben, was es will – dasselbe gilt für den berühmten Carlton-Dance aus der Sitcom, den er zigfach andeutet, aber nie durchzieht.
Das sind jedoch verschmerzbare Schnitzer. Andere Hip-Hop-Acts in Smiths Alter wirken mitunter bemüht, wenn sie heute die aufmüpfigen Nummern ihrer Anfangstage spielen, aber mehrere Villen besitzen. Der Fresh Prince funktioniert aber nach wie vor ähnlich gut wie damals, weil sein Brand seit jeher vor allem auf Spass aufbaut. Spass, den man so wie auf dem Gurten wohl nicht so schnell wieder geboten bekommen wird. Also ausser, man geht am Mittwoch ans Paléo Festival.