Ob Paris, London, Barcelona, aber auch Zürich und Genf: Europäische Metropolen befinden sich im Wandel. «Eine Herausforderung ist es, das Bevölkerungswachstum in den Städten zu bewältigen», sagt Regula Lüscher, Expertin für Architektur und Stadtplanung. «Wichtig ist deshalb, verdichtet zu bauen und die Städte im Bestand zu entwickeln.»
Heisst: Bestehende Immobilien nicht einfach abzureissen und neu zu bauen, sondern zu optimieren und die Umgebung umweltfreundlicher zu gestalten. Beispiele findet Lüscher in der französischen Hauptstadt, wo man selbst bei neueren Quartieren den Presslufthammer angesetzt hat.
«In Paris wurden nicht nur Strassen zurückgebaut und begrünt, sondern auch asphaltierte Plätze aufgerissen und versickerungsfähig gemacht.»
Mehr ÖV, weniger Individualverkehr
Einem drohenden Verkehrskollaps entgegenzuwirken, ist ein weiteres Thema. Dies geschieht offenbar nicht, indem man das Strassennetz ausbaut, sondern reduziert. «Der grosse Trend ist der Ausbau des ÖV», sagt Regula Lüscher. Dazu gehören schnellere Verbindungen zwischen den grossen Zentren, ein dichterer Fahrplan und eine verbesserte Feinverteilung.
«Es braucht gute Umsteigestationen, sogenannte ‘Mobilitäts-Hubs’, wo ich das Trotti oder das Fahrrad abstellen und auf den Zug oder das Tram umsteigen kann.» Was den Autoverkehr betrifft, setzen Städte wie London oder Paris auf Tempo 30-Zonen oder gar oder gebührenpflichtige Zonen für Fahrzeuge, die gewisse Emissionsstandards nicht erfüllen.
In Barcelona wiederum gibt es sogenannte Superblocks, ganze Stadtviertel, in denen der Autoverkehr mindestens stark eingeschränkt ist. Die Zentren von Norwegens Hauptstadt Oslo oder der belgischen Metropole Gent sind bereits seit Jahren ganz oder nahezu autofrei.
Velostädte auf dem Vormarsch
Wo Verkehrsachsen abgebaut und asphaltierte Böden aufgerissen werden, entsteht neuer Lebensraum. Es gibt Platz für Pflanzen, Freizeitangebote, Parks, Velowege. Regula Lüscher: «In etwas flacheren Städten ist die Veloinfrastruktur traditionellerweise stärker entwickelt.» Beispiele sind Amsterdam oder Kopenhagen.
«Seit es E-Bikes gibt, scheint sich der Trend hin zur Velostadt aber auch in hügeligen Gebieten festzusetzen.» Letztlich sollen sämtliche Massnahmen trotz Dichte und Bevölkerungswachstum zu mehr Lebensqualität beitragen – auch in der Schweiz.
Natürliche Mittel gegen die Hitze
«Unsere Städte sind grundsätzlich stark versiegelt, das Wasser kann nur schlecht absickern», sagt Damian Jerjen, Direktor des Raumplanungsverbands Espace Suisse. «Asphaltierte Plätze führen im Sommer zudem zu Hitze-Inseln.» Daher sind in den Zentren mehr Natur, mehr Biodiversität und aufnahmefähige Böden nötig.
Man spricht in diesem Zusammenhang auch vom Konzept der «Schwammstadt», die Wassermassen bei Hochwasser und Starkregen besser bewältigen kann. Weiter geht es darum, die Gebäude so anzuordnen, dass sogenannte Durchlüftungskorridore entstehen und die Städte im Sommer weniger Hitze speichern.
Um all diese Projekte vorwärtszutreiben, brauche es unter anderem die Akzeptanz der Bevölkerung, sagt Jerjen. «Wichtig ist beispielsweise, preisgünstigen Wohnraum zu schaffen und weitere Mehrwerte zu bieten, wie attraktive Freiräume oder Velowege.»