Zum Inhalt springen

«Hit Me Hard And Soft» Neues «Billie Eilish»-Album – das Schönste kommt zum Schluss

John Lennon veröffentlichte mit 22 seine erste Single mit den Beatles. Billie Eilish sitzt mit 22 auf der Spitze des Pop-Regenbogens und droppt ihr drittes Album. «Hit Me Hard And Soft» klingt anders, als was sie in ihrer kurzen, aber kometenhaften Karriere veröffentlicht hat.

Billie Eilishs neues Album endet mit einer Frage: «But when can I hear the next one?» Wann, fragt Eilish aus dem Off, kann ich das Nächste hören?

Claudio Landolt

Musikjournalist, Sounds!-Redaktor & Sounds! Zentrale-Host

Personen-Box aufklappen Personen-Box zuklappen

Claudio Landolt arbeitet für SRF senderübergreifend als Musikjournalist mit einem Faible für Popkultur und Experimentalmusik. Er ist Teil der Sounds! Redaktion und hostet zusammen mit Lea Inderbitzin den Hintergrund-Podcast «Sounds! Zentrale».

Sounds! Zentrale Übersichtsseite

Damit verweist sie wohl auf den Druck und die wachsenden Erwartungen, die auf einem lasten, wenn man mit 22 schon erreicht hat, was andere Popstars in einem ganzen Leben nicht schaffen: Multiple Grammy-Gewinne, Oscars und Songs, die unser Verständnis von Popmusik erweitert haben.

Was liefert man da nach? Das verflixte dritte Album ist immer ein «Knorz».

Billie Eilish History

Box aufklappen Box zuklappen

Als Tochter eines Musikers und einer Schauspielerin kommt Billie Eilish Pirate Baird O'Connell bereits früh mit dem Musizieren in Kontakt: Sie probiert sich in zwei Gesangschören (unter anderem im Los Angels Child’s Choir), tanzt in verschiedensten Dance-Companies und erhält schon im Kindesalter Klavierunterricht von ihrer Mutter. 

2015: Kurz vor ihrem 15. Geburtstag veröffentlicht sie ihren Song «Ocean Eyes» auf Soundcloud. Der Song wird zum viralen Hit und befördert die junge Billie über Soundcloud in die Welt hinaus.

2019: Sie veröffentlicht ihr Debüt-Album «When We Fall Asleep, Where Do We Go», produziert von ihrem Bruder Finneas O'Connell, aufgenommen in dessen Schlafzimmer. Es wird das meistgestreamte Album des Jahres.

2020: An der 62. Grammy Verleihung schreibt Billie Eilish Geschichte. Sie gewinnt fünf Grammys, inklusive allen vier Hauptkategorien. « Mit ihr beginnt die Zeitwende », titelt der Spiegel.

2021: Album Nummer zwei erscheint: «Happier Then Ever» und landet auf diversen Jahresbestenlisten. Eilish gewinnt erneut einen Record-of-the-Year-Grammy für den Song « Everything I Wanted ». Zudem erscheint der Dokfilm «Billie Eilish: The World’s a Little Blurry» über die mittlerweile 19-Jährige.

2022: Academy-Award für ihren Bond-Titel-Song «No Time To Die» zum gleichnamigen James-Bond-Film.

2023: Der Song «What Was I Made For?» erscheint als Soundtrack zum Barbie-Film von Greta Gerwig und beschert Eilish 2024 den zweiten Oscar sowie einen Golden Globe Award.

Mit Billie am Ende

Was nach dreimaligem Durchhören am meisten überzeugt, sind die Schlüsse der neuen Eilish-Tracks. Die unerwarteten Wendungen, die diese zehn Songs nehmen. Die letzten 30 Sekunden von «Lunch» etwa, wenn Billie Eilishs Gesang von Bruder und Produzent Finneas O'Connell in ein laszives Stöhnen zerstückelt und zu einem Electropop-Banger montiert wird.

Mit Billie in den Club

Wenn beim Song «Chihiro» nach drei Minuten plötzlich die Synth-Arpeggios einfahren, als träte man am frühen Morgen aus einem Club. Wenn bei «L'Amour De Ma Vie» plötzlich der Hyperpop durchsickert und Eilishs Stimme in Autotune getunkt wird. Oder wenn uns in der Mitte des letzten Tracks «Blue» ihre Stimme plötzlich runter gepitcht und auf einem dunklen Minimal-Beat ausgebreitet wird, erschliesst sich erst, was da über lange Strecken aufgebaut wird: ein Album für Geduldige.

Ob ihr es mögt oder nicht, wir haben alles reingesteckt.
Autor: Billie Eilish Über ihr neues Album «Hit Me Hard And Soft»

Mit Billie zu Taylor Swift

Am stärksten spürbar ist Eilish dabei immer noch, wenn sie ihre Seele aufreisst. Wenn sie im Herzstück des Albums «The Greatest» darüber singt, wie sie ihr Bestes versucht, wie sie alles gibt, um der Welt und sich selbst zu genügen. Wenn man ihre Zerbrechlichkeit atmen hört. Im Gegensatz dazu wirkt «Birds Of A Feather» wie ein Flirt mit dem Pop von Taylor Swift. Ein netter Song, aber etwas fade.

Mit Billie ins Studio

«Hit Me Hard And Soft» ist ein Durchatmen und Weiterziehen. Auch wenn es nicht an die Radikalität ihres Debüts «When We All Fall Asleep, Where Do We Go?» herankommt, experimentiert wird hier dennoch. Die Überraschungen, die Twists und Turns, die Billie und Finneas hier fabrizieren, offenbaren sich dabei aber erst nach mehrmaligem Hinhören.

Dass das Album nicht aus einem Guss kommt, hört man nicht nur, sondern bestätigt Billie Eilish auch selbst: «Das Album war eine Zangengeburt und wir haben etliche Versionen der Songideen gemacht. Wir haben uns richtig reingekniet und keine Arbeit gescheut … Ob ihr es mögt oder nicht, wir haben alles reingesteckt.»

Die Schönheit von «Hit Me Hard And Soft» steckt im Detail. An die grossen Würfe von ihrem ersten Album kommen die neuen Eilish-Songs nicht ran.

SRF 3, Sounds!, 16.5.2024, 21:00 Uhr

Meistgelesene Artikel