Würdevoll altern: Das ist in der Musikwelt wohl noch schwieriger als im normalen Leben. Das Publikum ist gnadenlos. Wie viele Rockmusiker drehen seit Jahrzehnten mit ihren Bands im Hamsterrad, weil ihr Publikum es so will? Fans hören musikalische Entwicklungen ihrer Lieblingsbands nur ungern.
Auch für Robert Plant war es schmerzhaft, als er vor 25 Jahren feststellte: Das Bild, das seine weltweite Fangemeinde von ihm hatte und von ihm wollte, passte nicht mehr zu seinem wirklichen Wesen.
Prototyp des Rockstars
Es war das Bild des blondmähnigen Sängers der grössten Band der 1970er-Jahre: Led Zeppelin. Plant war der Prototyp des Rockstars, ein Womanizer und Ausnahmesänger. Das überirdische Geheul, das er bei Led Zeppelin Anfang der 70er entfesselte, klang wie eine Kreuzung aus Bluesmann und nordischem Gott. Unzählige Hardrock-Sänger quälten ihre Stimmbänder, um ähnliche Höhen zu erreichen.
Mit dem Tod ihres Schlagzeugers John Bonham 1980 war die Ära Led Zeppelin vorbei. Für Robert Plant war das Unglück seines Bandkollegen sein persönliches Glück. Er durfte neu beginnen.
Gelungenes Spätwerk
Plant gehört zu den wenigen, die mit ihrem Spätwerk eine ähnliche Tiefe erreichen wie in jungen Jahren. Johnny Cash sang mit alterswunder Stimme Songs, die ihn schon sein ganzes Leben berührt haben. Etwas ähnliches gelingt Robert Plant in seiner zweiten Karrierephase.
Ein Höhepunkt dabei: Die Duette mit Countrysängerin Alison Krauss. Für ihr gemeinsames Album «Raising Sand» gewannen die beiden gleich fünf Grammys. «Seine Stimme ist wie ein Bild», sagte Plants Duettpartnerin Alison Krauss. «Gleichzeitig jung und alt und mit dieser merkwürdigen, geheimnisvollen Tiefe.»
Plant selbst sagte einmal, er hätte erst im Alter wirklich singen gelernt. Diese Bescheidenheit des einstigen Rockgottes zeigt sich auch auf «Saving Grace». Plant nimmt sich bewusst zurück, singt manchmal nur im Hintergrund, lässt der Band und seiner Duettpartnerin Suzi Dian Raum zur Entfaltung. Er hat es längst nicht mehr nötig, sich in den Vordergrund zu singen. Weniger ist mehr.
Nach Led Zeppelin versuchte Plant vieles, von Elektronik bis Alternative Rock, von New Wave bis simplem Pop. Bis er sich auf seine Wurzeln zurückbesann. Amerikanischer Blues in seiner rauesten Form, davon war Robert Plant als Teenager in der englischen Industriestadt West Bromwich besessen.
Zeitlos und wie aus einem Guss
Blues war immer auch ein grosser Teil von Led Zeppelin. Und zum Blues kehrt er immer wieder zurück. Auch jetzt, auf seinem neuen Album «Saving Grace», das zwischen Blues, Country und Folk pendelt. Mit Neuinterpretationen von alten Blues-Legenden wie Memphis Minnie oder Blind Willie Johnson. Lieder, die ein ganzes Jahrhundert umspannen. In den Arrangements von Robert Plants Band «Saving Grace» klingt das zeitlos und wie aus einem Guss.