Sie arbeiten in Kellerstudios und schaffen Visionäres: Noémi Büchi, Janiv Oron, Julian Sartorius und Martina Berther. Vier Schweizer Musikerinnen und Musiker, die mit ihrer Arbeit international auf Gehör stossen.
Alle «Neuerdings»-Porträts
SRF 3 Sounds! und SRF 2 Kultur stellen sie in vier Videoporträts unter dem Titel «Neuerdings» vor. Premiere feiern die Kurzfilme an der Bad Bonn Kilbi 2023. Initiant Claudio Landolt im Gespräch über musikalische Grenzerfahrungen und bewusste Langsamkeit.
SRF: Worin bestand deine Motivation, Musikerinnen und Musiker zu porträtieren, deren Namen nur wenige kennen?
Claudio Landolt: Die Antwort steckt in der Frage. Die breite Bevölkerung muss diese Musikerinnen und Musiker unbedingt kennenlernen, weil sie wichtig sind für die Schweiz. Der Pioniergeist steckt oft in der Nische. Unsere Aufgabe besteht darin, die Nische sichtbar zu machen. Damit gehen wir bewusst Risiken ein: In Geschwindigkeit und Aufmachung spielen die Porträts gegen jegliche Trends, die im Netz zurzeit vorherrschen.
Wieso sind diese Musikerinnen und Musiker wichtig?
Ich bin mir sicher, dass die porträtierten Musikerinnen und Musiker an der Schweizer Musikgeschichte von morgen schreiben. Diese Porträts schaffen Zugang zu musikalischen Brennpunkten abseits des Mainstreams. Das ist sozusagen die Antithese zu DJ Bobo. Denn erst, wenn man an die Grenzen geht, entsteht Neues. Die porträtierten Personen verbindet der Wille, zu etwas Elementarem vorzudringen. Kein Schnickschnack. Sie stossen zum Kern vor, was innovative Musik für mich ausmacht. Und ihre musikalischen Visionen finden international Resonanz.
Erst, wenn man an die Grenzen geht, entsteht Neues.
Hast du dabei gefunden, was du dir erhofft hast?
In jedem dieser Studios liegt eine eigene Magie in der Luft. An den besten Stellen gelang es uns nicht nur, aussergewöhnliche Menschen und ihre Musik, sondern auch die Stille um sie herum einzufangen.
Was war die grösste Schwierigkeit an diesem Projekt?
Den Musikerinnen und Musikern im Interview zu entlocken, weshalb sie machen, was sie machen. Es ist per se nicht einfach, über die eigene Arbeit zu sprechen. Umso schwieriger, wenn es sich um experimentelle Musik handelt.
An den besten Stellen gelang es uns nicht nur, aussergewöhnliche Menschen und ihre Musik, sondern auch die Stille um sie herum einzufangen.
Wen hättest du porträtiert, wenn du «Neuerdings» vor 40 Jahren gedreht hättest?
Natürlich könnte man jetzt Namen wie Boris Blank oder etwas später The Young Gods oder Endo Anacondas Umgang mit Sprache ins Spiel bringen. Diese Vergleiche funktionieren aber nur bedingt, da das Verstreichen der Zeit unsere Wahrnehmung beeinflusst. Viele visionäre Musikerinnen und Musiker von damals sind zwischen Stuhl und Bank gefallen. Ihre Namen gingen vergessen oder wurden gar nie bekannt. Vielleicht nicht zuletzt, weil man sie nicht zur richtigen Zeit porträtierte.
Das Gespräch führte Schimun Krausz.