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100 Jahre Kronenhalle Luxus und Tradition im Zürcher Kultrestaurant

An der Kronenhalle kommt man in der Zürcher Gastroszene nicht vorbei – und das seit 100 Jahren. Im legendären Restaurant treffen sich Prominente aus aller Welt. Angestellte der Kronenhalle geben einen exklusiven Einblick in ihren Arbeitsalltag. Vom Küchenchef bis hin zur Restaurantleiterin.

Lange, bevor es hell wird, ist Rita de Cacio bereits mit ihrem Pinsel unterwegs. «Der Staub frisst sich überall hinein, besonders in die feinen Ritzen der Bilderrahmen. Mit einem gewöhnlichen Lappen kann ich da nichts ausrichten», erzählt die Gouvernante, die im Restaurant Kronenhalle dafür sorgt, dass alles blitzblank ist.

Gouvernante Rita de Cacio in der Kronenhalle
Legende: Rita de Cacio ist Gouvernante in der Kronenhalle. SRF

Ihre besondere Sorgfalt gilt dabei den zahlreichen Werken bedeutender Künstler, die dieses Gasthaus in der Zürcher Innenstadt zu einem legendären Ort machen. Mit Saucenspritzern auf einem Mirò oder Picasso ist also zu rechnen, umso gründlicher die tägliche Pflege.

Geschichte der Kronenhalle

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1924 kaufen Hulda und Gottlieb Zumsteg das Restaurant «Hôtel de la Couronne» am Zürcher Bellevue und machen daraus die Kronenhalle.

Aus dem eher heruntergekommenen Lokal wird eine gehobene Brasserie, die schnell zu einem gesellschaftlichen Treffpunkt avanciert. 

Obwohl Gustav Zumsteg, Sohn von Hulda Zumsteg, eigentlich nichts mit Gastronomie am Hut hat, wird er in der Kronenhalle immer wichtiger. Als Seidenhändler und Stoffdesigner unterhält er beste Kontakte in die Mode- und Kunstwelt und schafft Verbindungen ins Restaurant.

Mit seiner eigenen Sammlung bedeutender zeitgenössischer Werke verleiht er der Kronenhalle ein einmaliges Flair.

Nach dem Tod seiner Mutter übernimmt er 1984 den Betrieb. 2005 stirbt Gustav Zumsteg. Seither wacht die Hulda- und Gustav-Zumsteg-Stiftung darüber, dass das Vermächtnis im Sinne der Gründer weitergeführt wird.

Bisweilen verneigt sich Rita auf ihrer täglichen Runde vor dem lebensgrossen Porträt der Kronenhalle-Gründerin Hulda Zumsteg: «Bei ihr gebe ich mir speziell Mühe – ihr haben wir das alles schliesslich zu verdanken.» 

Gerahmtes Bild von Hulda Zumsteg
Legende: Der Platz unter dem Varlin-Porträt von Kronenhalle-Gründerin Hulda Zumsteg ist bei den Gästen besonders begehrt. SRF

Gleichzeitig mit Rita de Cacio ist zwei Etagen tiefer auch Peter Schärer bereits an der Arbeit. Der Küchenchef will vor Ort sein, wenn die Bestellungen eintreffen. Aus gutem Grund, wie er findet: «Es kann vorkommen, dass ich bereits vor 8 Uhr morgens hässig bin. Wie heute zum Beispiel, wenn anstatt 40 Kilo Scampi nur 4 Kilos geliefert werden.»

Mann.
Legende: Küchenchef Peter Schärer hat dem ehemaligen Besitzer Gustav Zumsteg persönlich versprochen, dass er das Restaurant nach alter Tradition weiterführen will. SRF

Schärer kocht seit über 30 Jahren in der Kronenhalle und weiss haargenau, was seine Gäste wünschen.

Sehen und gesehen werden – das gehört hier dazu.
Autor: Peter Schärer Küchenchef

«Mir ist klar, dass viele nicht in erster Linie wegen dem Essen kommen, sondern wegen dem ganzen Rundherum. Sehen und gesehen werden – das gehört hier dazu.» Am Anfang seiner Karriere habe ihn das manchmal schon gestört, schliesslich sei Kochen seine Leidenschaft.

Aber Schärer hat sich längst ausgesöhnt, die Liebe zu «seiner» Kronenhalle geht tief: «Ich habe Gustav Zumsteg, dem verstorbenen Besitzer, persönlich versprochen, dass ich sein Erbe in Ehren halten werde.»

Edle Tropfen 

Das gediegene Ambiente, die wertvolle Kunst und der vollendete Service haben ihren Preis: Wer in der Kronenhalle einkehrt, muss sich auf eine zünftige Rechnung einstellen. Auch die Skala der Weinpreise ist gewissermassen nach oben offen.

Fabian Brunori hält die teuerste Weinflasche in der Hand
Legende: Die teuerste Flasche im Sortiment der Kronenhalle kostet 23'000 Franken. SRF

Die teuerste Flasche, die momentan im Angebot ist, kostet satte 23’000 Franken.

Fabian Brunori, der stellvertretende Einkäufer, beantwortet die Frage nach der Verhältnismässigkeit diplomatisch: «Was einem einen Wein wert ist, muss jeder selbst entscheiden.»

Die Nachfrage jedenfalls besteht. Weine vom gleichen Hersteller für 7500 Franken werden mehrmals jährlich verkauft und auch Champagner für 1900 Franken pro Flasche findet Absatz.  

Beliebte Brasserie  

Kurz vor 12 Uhr mittags wird es eng im Eingang vor der Brasserie. «Wir öffnen immer bereits ein paar Minuten früher», lacht Dominique Godat. Der Berner wirkt hier als Geschäftsführer. Nach Stationen als Direktor im St. Moritzer Hotel Kulm oder im Moskauer Metropol zog es ihn 2019 an die Limmat.

Die Serie zum Nachschauen

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Streamen Sie die dreiteilige Serie auf Play SRF .

Nachdem Restaurantleiterin Julia Scussel das Personal für den anstehenden Mittagsservice gebrieft hat, öffnet Godat die Türen: «Willkommen in der Kronenhalle.»

Wer keinen Platz reserviert hat, hat kaum Chancen auf einen Tisch, schon gar nicht im beliebtesten Teil des Restaurants, der Brasserie eben. «Das ist wie Tetris spielen», erzählt die Restaurantleiterin, «es ist fast unmöglich, alle Wünsche zu erfüllen. Es gibt Gäste, die schicken uns eine Skizze mit dem Tisch, an dem sie sitzen möchten.»

Besonders begehrt ist der Platz unter dem grossen Porträt von Hulda Zumsteg, das der Schweizer Künstler Varlin 1967 auf Veranlassung von Gustav Zumsteg gemalt hat, oder auch derjenige bei Marc Chagalls Sonnenuntergang.

Restaurantleiterin Julia Scussel
Legende: Als Restaurantleiterin ist Julia Scussel unter anderem für die Platzierung der Gäste verantwortlich. SRF

Dass auf Julia Scussels Namensschild auch ihr Titel als Restaurantleiterin vermerkt ist, hat sie übrigens selbst veranlasst. Die eher konservative Klientel sei an Männer als Chefs gewohnt und habe sie oft wie selbstverständlich als Assistentin oder Platzierdame wahrgenommen.  

«Wie eine Familie»

Robert Zeller ist der einzige Verwandte der Gründerfamilie Zumsteg, der noch in der Kronenhalle arbeitet. Vor 40 Jahren hat er hier in der Küche die Lehre gemacht, mittlerweile arbeitet er als Souschef.

Seine Arbeit liebt er, als Gast indes würde er sich im Restaurant nicht wohlfühlen. Er sei ein bodenständiger Mensch, sagt er, der zwar mit grosser Gewandtheit Austern für seine exklusiven Gäste knackt, aber selbst am liebsten «Gschwellti» oder auch mal einen Cervelat isst.

Robert Zeller mit Kochmütze in der Küche.
Legende: Seit 40 Jahren Koch in der Kronenhalle: Robert Zeller ist der Grossneffe von Hulda Zumsteg. SRF

Die Verwandtschaft mit seiner Grosstante Hulda Zumsteg habe ihm nie Vorteile gebracht, das sei für ihn eher unangenehm gewesen, erinnert er sich.  

Diese berühmten Gäste speisten in der Kronenhalle

Auch ohne verwandtschaftliche Bande: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter benutzen oft den Begriff «Familie», wenn sie über ihre Arbeitgeberin sprechen.

Das äussert sich einerseits darin, dass viele von ihnen seit Jahrzehnten in der Kronenhalle arbeiten. Zudem herrscht im Team offenbar eine grosse Verbundenheit, auch dank der spürbaren Verpflichtung gegenüber dem Erbe der Gründer.

Auch heute noch schliessen wir die Schubladen nur ganz vorsichtig, weil wir wissen, dass Gustav Zumsteg den Lärm nicht vertrug.
Autor: Natasha Djukic Chef de Rang

«Das geht in die DNA über», erzählt Natasha Djukic. Sie arbeitet seit zehn Jahren im Service als Chef de Rang. «Auch heute noch schliessen wir die Schubladen nur ganz vorsichtig, weil wir wissen, dass Gustav Zumsteg den Lärm nicht vertrug.»

Genauso treu wie die Mitarbeitenden sind die Gäste. Mehrere hundert Stammgäste gehen in der Kronenhalle ein und aus.

Prominente Gäste

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Küchenchef Peter Schärer kocht seit 33 Jahren für Prominente. Vom italienischen Opernsänger Luciano Pavarotti bis hin zur Schauspielerin Sophia Loren . «Das ist natürlich nicht der Grund, weshalb ich hier arbeite», versichert er, «aber es ist schon schön, wenn zum Beispiel Roger Federer bei uns ein Wiener Schnitzel geniesst». Die Unterschrift Federers in seinem persönlichen Gästebuch übrigens stammt aus dem Jahr 2009 – der Tennisspieler kehrte nach seinem Sieg am French Open in der Kronenhalle ein.

Ein prominenter Gast ist Schärer besonders in Erinnerung, der italienische Cantautore Lucio Dalla . Schärer war mit seiner Frau im Februar 2012 am Konzert von Dalla, am nächsten Abend kochte er dann für ihn in der Kronenhalle. «Ich bin grosser Fan von seiner Musik», schwärmt der Küchenchef. Als am Tag nach dem Besuch im Restaurant die Nachricht kam, Lucio Dalla sei verstorben, war der Schreck gross. «Im ersten Moment hatte ich Angst, irgendwas sei mit dem Essen nicht in Ordnung gewesen», erinnert sich Schärer. Diese Befürchtung erwies sich als unbegründet: Der italienische Star erlag einem Herzinfarkt.

So regelmässig, dass die Küchencrew ihnen zuweilen sogar Spitznamen verpasst – selbsterklärend, wieso einer von ihnen «Brokkoli» heisst. Dass für ihn pochierter Lachs mit Brokkoli und Spinat serviert wird, auch wenn die Küche nach 22 Uhr eigentlich geschlossen wäre, versteht sich von selbst. 

SRF 1, 12.04.2024, 21:00 Uhr;kesm

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