Was war während der EU-Recherche das Überraschendste für dich, werde ich immer wieder gefragt. Nun, die Antwort ist einfach: Das Budget der EU-Kommission, also der EU-Regierung, ist nicht grösser als dasjenige der Schweiz. Und damit zahlt die EU alles: Subventionen, Apparat und Parlament.
Eigentlich hätte ich ganz andere Zahlen erwartet. Eine riesige Bürokratie sei der EU-Apparat, höchst ineffizient, langsam. Kurz: Das Geld würde nutzlos ausgegeben, heisst es immer. Und dann noch diese eigenartige Aufspaltung des Parlaments: gleich zwei Sitze, nämlich einer in Brüssel und der andere in Strassburg. Alle drei Wochen heisst es also umziehen – was symbolisiert mehr Verschwendung als diese Umzugsübung der Parlamentarier samt Stab?
Und dazu noch die riesigen Subventionen für die europäische Landwirtschaft, die die EU-Kommission, also die EU-Regierung, jährlich ausschüttet. Ich erwartete gigantische Ausgaben.
Selbstbewusste, kritische EU-Parlamentarier
Doch als ich die Zahlen genauer analysierte, staunte ich: Die grosse EU gibt nicht mehr Geld aus als die kleine Schweiz. Genauer: Die EU verfügt über genau gleich viel Geld wie die öffentliche Hand der Schweiz (Bund, Kantone und Gemeinden zusammen ohne Sozialleistungen). Nämlich 180 Milliarden Schweizer Franken.
Also eine erstaunlich schlank organisierte Organisation. Klar, sparen könnte man überall – übrigens auch in der Schweiz. Und die zwei Parlamentssitze? Hat nicht auch die Schweiz ihre Gerichte quer verteilt: Bundesverwaltungsgericht in St. Gallen, Bundesstrafgericht in Bellinzona, Bundesgericht in Lausanne etc. All dies organisiert ja die Politik, damit jede Region berücksichtigt wird.
Und mich überraschte auch, wie selbstbewusst jene Parlamentarier auftreten, die diese Ausgaben kontrollieren. Inge Grässle, die Leiterin der parlamentarischen Kostenüberwachung, scheut sich nicht, die Regierungsmitglieder, also die Mitglieder der EU-Kommission, an öffentlichen Sitzungen scharf zu kritisieren, wenn sie unnötige Ausgaben wittert. Und mein zweiter Protagonist, der EU-Parlamentarier Markus Pieper, kämpft verbissen darum, dass Frankreich Milliarden von Agrarsubventionen zurückzahlen muss. Mit Erfolg: Bei Abschluss des Filmes musste Paris über zwei Milliarden Schweizer Franken zurückerstatten.