Kaum ein Thema hat die Öffentlichkeit in den vergangenen Monaten so stark polarisiert wie… hier fängt es schon an: Wovon reden wir eigentlich genau? Von Flüchtlingen? Von Migranten? Oder sowohl als auch? Das Terrain zwischen Flüchtlingsidealismus und Fremdenfeindlichkeit scheint zusehends zu verwaisen. Entweder «Refugees Welcome». Oder das Gegenteil. Kampfstiefel oder Birkenstock-Sandalen. Wer sich in einem sogenannten Durchgangszentrum aufhält, trifft vor allem Menschen ohne Fremdenangst. Wie soll man sie nennen? Menschen mit Fremdenmut?
Musik – ganz ohne Text
Einer davon heisst Fabian Leu und sprach mich im Durchgangszentrum Aarwangen an. Er arbeite hier, sagte er, und er mache Musik. Zum Beispiel einen Song namens «Nationalität Mensch». Als er den Text dazu geschrieben habe, «hatte ich grosses Verlangen nach einer Auszeit von all dem Hass. Der ganze Hass auf Flüchtlinge, darunter Familien mit Kindern, war für mich absolut unverständlich», so Leu. Angetrieben vom Willen, diesem Hass entgegenzuwirken, habe er den Stift in die Hand genommen.
Leu bot mir an, den Song für meine Filme zu verwenden. Ich lehnte ab. Denn ich suche in meiner Arbeit kein Entweder-oder, sondern ein Sowohl-als-auch. Mich interessieren Differenzierungen und Ambivalenzen. Kein Schwarz-weiss, sondern Grautöne. Ich bin dann doch noch ins Geschäft gekommen mit Leu: Er hat mir Musik geschrieben – ganz ohne Text.