«Dämonen» war ein aussergewöhnliches Stück TV-Programm. Inwiefern?
Barbara Seiler:
In der Inszenierung vom Theater Basel ziehen sieben junge Leute von Dämonen besessen in die Basler Nacht. Und zwar nicht auf der Bühne, sondern sie sind wirklich draussen unterwegs auf den Strassen. Der Kameramann Robin Nidecker begleitet und filmt sie – fürs Fernsehen live und als One-Shot, also ohne einen einzigen Schnitt. Das ist wirklich etwas Besonderes. Dieses Stück ist auch kein klassisches Theater, das ist eher ein Film. Sehr rauh, sehr hart. Es zeigt das Leben, wie es stattfindet.
Wie ist das Projekt bei SRF entstanden?
Die Kolleg:innen der SRG-Unternehmenseinheit Radio Télévision Suisse (RTS) fördern schon seit einigen Jahren Theaterstücke – aber auch Performance oder Zirkus – und bringen das ins Fernsehen. Das läuft recht erfolgreich. Nun hat die SRG daraus ein nationales Projekt gemacht: mit dem Fonds «De la scène à l’écran», also «Von der Bühne auf den Bildschirm». Die SRG-Unternehmenseinheit Radiotelevisione svizzera (RSI) ist dieses Jahr das erste Mal dabei – so wie SRF.
Wie musste die Inszenierung angepasst werden, um sie auf den Bildschirm zu bringen?
Das Stück läuft schon länger im Theater Basel. Eigentlich dauert die Aufführung dreieinhalb Stunden. Als wir gefragt haben, ob sie das fürs Fernsehen nicht auf 90 Minuten kürzen könnten, waren sie natürlich erst mal entsetzt (lacht). Aber sie haben das Stück immerhin auf zweieinhalb Stunden gebracht. Ausserdem haben sie den Anfang und den Schluss anders gelöst, damit es fürs Fernsehen funktioniert. Aber es ist und bleibt es eine Inszenierung vom Theater Basel – auch der One-Shot des Kameramanns. Wir haben nur das Signal abgegriffen.
Warum habt ihr nicht einfach eine Kamera im Theatersaal aufgestellt und alles abgefilmt?
Weil es beim Fonds explizit darum geht, Theater nicht einfach nur abzubilden, sondern etwas Neues zu erschaffen: neue Sichtweise, neue visuelle Sprache oder neuer Inhalt. Bei «Dämonen» war neu, dass wir das Medium Theater quasi übersetzen fürs Medium Fernsehen. Und ich finde, so eine Live-Übertragung hat eine unglaubliche Qualität. Grade dann auch noch als One-Shot. Da gab es dann keine Möglichkeit mehr, Fehler zu kaschieren. Was passierte, passierte. Dabei hätte auch etwas schiefgehen können. Eine grosse Herausforderung.
Was hätte denn passieren können?
Dass das Fernsehsignal vom Theater Basel zum Sendezentrum nicht funktioniert. Aber wir waren bestens vorbereitet, auch weil wir eine Generalprobe gemacht hatten. Und beim Theater, da hätte sich zum Beispiel ein Schauspieler verschlucken können. Oder es hätte Katzen hageln können. Oder es hätte irgendwelche Demonstrationen geben können. Aber die Menschen auf der Strasse, die letztlich im Bild waren, die gehören so auch dazu.
Warum habt ihr euch für die Inszenierung «Dämonen» entschieden?
Bei RTS gibt es jedes Jahr eine Ausschreibung, da werden etwa 30 Stücke eingereicht und eine Jury wählt fünf davon aus. Für uns war das in der kurzen Zeit viel zu spät und zu aufwändig. Doch da gab es nun diese Inszenierung in Basel, die wirklich gut ist und ziemlich erfolgreich lief. Sie war auf der Shortlist für die Theatertreffen in Berlin und in Solothurn – das Interesse war gross, es kamen vor allem viele junge Leute. Und natürlich passt diese Inszenierung auch super ins Medium Fernsehen.
Was erhoffst du dir von diesem Projekt?
Dass die SRG den Fonds «Von der Bühne auf den Bildschirm» fortsetzt. Denn dann können wir mit Ausschreibungen die Theaterszene so richtig fordern und fördern.
Warum gehört Theater unbedingt ins Angebot von SRF?
SRF hat einen Kulturauftrag. Und Schauspiel ist ein wichtiger Bereich des kulturellen Schaffens. Ausserdem kann ich heute ins SRF-Archiv gehen und dort finde ich wunderbare Aufführungen vergangener Jahrzehnte. Das kulturelle Gedächtnis für die Schweiz zu sein, finde ich für SRF enorm wertvoll. Und ich freu mich natürlich sehr, dass «Dämonen» nach der Live-Ausstrahlung auch auf Play Suisse zu sehen sein wird. In allen Landessprachen übersetzt erhält die Inszenierung so eine riesige Plattform. Und genau diese Sichtbarkeit liegt mir einfach am Herzen.