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Arztrechnung mit Vorbehalt Überflüssig: Ärzte stellen Vorbehalt für Rückforderungen

Das Bundesgericht stützte den Eingriff des Bundesrats in den Arzttarif. Für Ärzte-Vorbehalte gibt es keinen Grund mehr.

Eine Hörerin des Konsumentenmagazins «Espresso» von Radio SRF 1 staunte, als sie nach einer Konsultation bei ihrem Augenarzt die Rechnung studierte. In kryptischem Amtsdeutsch wurde dort mitgeteilt:

«Die vorliegende Rechnung erfolgt unter dem Vorbehalt von Nachforderungen, sollte in einem Gerichtsverfahren festgestellt werden, dass die vorliegend angewandte Tarifstruktur … rechtswidrig festgelegt wurde…»

Die Hörerin fragt sich, ob sie sich als Patientin nicht mehr darauf verlassen könne, dass eine ärztliche Leistung auch wirklich abgegolten ist, sobald sie vergütet ist?

«Das ist Geschichte, das ist obsolet!»

Patienten, die sich über einen solchen Vorbehalt auf der Rechnung wundern, müssen wissen: Sie haben nichts zu befürchten. Dieser Zusatz wurde von einem Teil der Ärzteschaft und Spitäler in einem laufenden Rechtsstreit entworfen, der längst gegen sie entschieden worden ist.

Alles begann mit dem nun schon jahrelangen Streit zwischen Ärzten, Spitälern und Krankenkassen über die Abgeltung von ärztlichen Leistungen. Unbestritten ist dabei nur, dass das Tarifsystem Tarmed renoviert werden müsste.

Wenn Alain Berset das Skalpell ansetzt…

Bundesrat und Gesundheitsminister Alain Berset platzte schon zweimal der Kragen und er griff selbst ein, als er 2014 und 2018 Tarifsenkungen verfügte.

Spezialärzte und Spitalverwalter tobten und argumentierten, dass dies ein politisch motivierter Eingriff sei, der weder sachgerecht noch betriebswirtschaftlich notwendig sei. Der Widerstand ging so weit, dass teilweise weiterhin alte Tarife verrechnet wurden.

Es kam zum Musterprozess zwischen einer Klinik und einer Krankenkasse, den ein Luzerner Gericht zugunsten der rebellischen Gesundheitsbranche entschied. Auf diese Weise euphorisiert, wurde in dieser Zeit der umstrittene Vorbehalt auf den Rechnungen platziert. Das Ziel: So sollte juristisch festgenagelt werden, dass sich allfällige Nachforderungen besser einfordern liessen, sollte der Bundesrat tatsächlich widerrechtlich eingegriffen haben.

Doch die Aufständischen haben die Rechnung ohne das Bundesgericht gemacht, das den Luzerner Entscheid zerzauste. Sehr wohl habe der Bundesrat das Recht und sogar die Pflicht zum Eingreifen, wenn sich die Verantwortlichen Tarifpartner nicht einigen können.

Der Bundesgerichts-Entscheid

Vorbehalt hat keinen Sinn mehr

Interessant: Innerhalb der Ärzteschaft war die Empfehlung für einen Vorbehalt auf den Rechnungen umstritten. Der Berufsverband FMH unterstützte diese Empfehlung nicht, während der Spitalverband H+ und verschiedene Spezialärzte-Gesellschaften darauf drängten. Fakt ist: Die Rückforderungen wären ohnehin zwischen Ärzten und Krankenkassen abgewickelt worden. Dass Patienten mit diesem Vorbehalt «belästigt» wurden, war ohnehin überflüssig.

Erst recht überflüssig und sogar ärgerlich ist, dass gewisse Ärzte auch sieben Monate nach dem Bundesgerichtsurteil den Zusatz noch immer nicht aus ihrem Rechnungssystem herausgestrichen haben.

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