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«Besser Trinkröhrli verbieten als gar nichts machen»
Aus Espresso vom 09.10.2018. Bild: Colourbox
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Kampf gegen Plastikberg «Besser Trinkröhrli verbieten als gar nichts machen»

Das Plastikröhrli ist fast schon zum Symbol der Plastikverschwendung geworden. Diverse Länder – auch die Schweiz – haben schon über ein Verbot diskutiert. Dabei macht der Trinkhalm einen verschwindend kleinen Teil des Plastikproblems aus. Was könnte ein Verbot also bringen?

Es ist ein Thema, das man gerne verdrängt: Millionen Tonnen Plastik schwimmen in den Weltmeeren. Dieser Plastik landet irgendwann in Form von mikroskopisch kleinen Plastikteilen in unseren Mägen. In diesem Zusammenhang werden Trinkröhrli immer wieder angeprangert. Länder wie England und Frankreich haben schon über ein Verbot nachgedacht. Auch bei uns in der Schweiz fand diesen Sommer eine grosse Diskussion darüber statt.

Céline Raval hat sich für die Sendung «Input» auf SRF 3 mit diesem Thema befasst und schildert im Interview mit «Espresso» ihre Erkenntnisse.

SRF: Céline Raval, wie schlimm sind Plastikröhrli wirklich?

Céline Raval: Auf das Ganze gesehen machen Plastikröhrli einen verschwindend kleinen Teil aus. Die Welt retten wir also nicht, wenn wir auf Röhrli verzichten. Trotzdem ist in den letzten Monaten eine grosse Diskussion entbrannt über die Plastikröhrli, aber auch über andere Einwegartikel, zum Beispiel Rührstäbchen für den Kaffee oder Wattestäbchen. Solche Produkte werden nur wenige Sekunden benutzt und dann weggeworfen. Und doch muss für die Produktion eines Plastikröhrlis Erdöl aus der Erde gepumpt werden. Und es dauert Jahrhunderte, bis sich ein einzelnes Plastikröhrli zersetzt. Übrig bleibt Mikroplastik.

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SRF: Diese Woche will die EU über ein Verbot von Wegwerfplastik entscheiden. Bereits im Juni hat die Vegi-Restaurantkette Hiltl Plastik-Trinkhalme freiwillig verbannt. Nun denken auch andere grosse Player wie Starbucks über einen solchen Verzicht nach. Und dennoch: Das ist und bleibt die Spitze des Plastikbergs ...

Céline Raval: Das kann man so sehen. Andererseits lässt sich ein solches Plastikröhrli-Verbot relativ leicht durchsetzen. Es tut niemandem so richtig weh, die meisten von uns können zum Glück ohne Röhrli trinken. Ein Verbot gefährdet vermutlich keine politische Wiederwahl. Die Diskussion hat auch einen gewissen symbolischen Wert. Vielleicht bringt sie uns dazu, unser Verhalten auch in anderen Bereichen zu hinterfragen und unser Umweltverhalten anzupassen.

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SRF: Die Stadt Neuenburg hat verkündet, sie werde als erste Stadt in der Schweiz die Plastik-Trinkhalme tatsächlich verbieten. Gibt es dort also bereits keine mehr?

Céline Raval: Die Stadt Neuenburg hat sich für ein Verbot ab 2019 ausgesprochen, aufgrund der Anti-Plastikröhrli-Kampagne Papaille von Leila Rölli. Zahlreiche Lokale und Festivals schlossen sich freiwillig der Kampagne an. Die Neuenburger Regierung liess sich ebenfalls überzeugen. Bei der Umsetzung gibt es aber noch einige Unklarheiten: Es ist juristisch sehr kompliziert, wenn eine einzelne Stadt ein Verbot lancieren will.

SRF: War also eine junge Schweizerin der Auslöser für die Röhrli-Diskussion in der Schweiz?

Céline Raval: Ja, Leila Rölli bekämpft sehr engagiert Einwegartikel aller Art. Sie hat schon diverse Aktionen ins Leben gerufen, zum Beispiel Zigarettenstummel-Sammeln. Sie will mit ihren Aktionen vor allem zum Nachdenken anregen und ist überzeugt, dass jeder kleine Schritt zu grösseren Schritten ermutigen kann.

SRF: Nun, auch wenn es vielleicht ein Röhrli-Verbot in Neuenburg und ein Verbot von Wegwerfplastik in der EU gibt: Denkt man an die gut 140 Millionen Tonnen Plastik im Ozean, sind das sehr kleine Schritte.

Es sind kleine Schritte und ich habe mich auch gefragt, ob es nicht an der Zeit wäre, grössere zu machen. Das ist aber nicht einfach. In der Schweiz sind wir generell keine Fans von Verboten. Zudem schieben sich alle gegenseitig die Verantwortung zu: Die Konsumenten dem Handel, dieser der Industrie und so weiter. Vielleicht kann man es aber durchaus sehen wie Leila Rölli: Besser Plastikröhrli verbieten als gar nichts unternehmen. Auch das Bundesamt für Umwelt unterstützt das Röhrliverbot. Sagt aber auch deutlich: Zu denken, damit ist es getan, wäre der falsche Weg.

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