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Digitales Gesundheitswesen Brauche ich ein elektronisches Patientendossier?

Das Patientendossier ist auf dem Weg der Besserung. Deshalb könnte man jetzt eines eröffnen, es bleibt aber freiwillig.

Das elektronische Patientendossier (EPD) des Bundes: Nach vielen Jahren Entwicklung ist die viel diskutierte digitale Ablage für Gesundheitsdaten konkret geworden. Was bringt das EPD? Und sollte man jetzt eines anlegen? «Espresso» fragte nach bei SRF-Digitalexperte Reto Widmer, der Projekt seit vielen Jahren beobachtet.

Reto Widmer

SRF-Digitalredaktor

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SRF «Espresso»: Noch vor einem Jahr war die Eröffnung eines EPD äusserst mühsam. Ist das immer noch so?

Reto Widmer: Zum Glück nicht. Der Knackpunkt ist, dass man zu einer physischen Eröffnungsstelle gehen muss, wenn man ein EPD anlegen möchte. Vor einem Jahr gab es kaum solche Stellen. Heute finden alle in ihrer Nähe eine Eröffnungsstelle. Das kann zum Beispiel ein Postschalter, ein Spital oder eine Apotheke sein. 

Zu erwähnen ist aber: Ich muss kein EPD eröffnen …

Nein, es ist und bleibt freiwillig. Vor kurzem äusserte der Bundesrat die Idee, dass alle ein EPD erhalten sollen, und wer keines will, das entsprechend melden müsste. Dieses sogenannte Opt-out-Prinzip hat zum Beispiel Österreich. Dort sagten rund drei Prozent explizit nein zu einem EPD. Der Vorteil dieser Methode ist, dass sich das EPD schneller verbreitet. Und so haben auch alle Dienstleister im Gesundheitswesen mehr Druck, mitzumachen. Genau hier hapert es zurzeit in der Schweiz. Ich habe auch ein EPD, habe bisher aber noch keinen Arzt gefunden, der meine Dokumente einstellt. Das muss ich selbst erledigen.

Es wäre für das EPD also gut, wenn mehr Leute mitmachen würden …

Ja. Natürlich müssen jetzt nicht alle sofort ein EPD eröffnen. Wer sicher aber in den letzten Monaten überlegte, eines anzulegen, hat eigentlich keinen Grund mehr, zu warten. Wer ein EPD hat, sollte aber nicht zu viel erwarten. Man kann Dokumente hochladen und vielleicht ist der eigene Hausarzt innovativ und lädt Dokumente automatisch ins EPD. Viel mehr geht im Moment nicht. Immerhin soll diesen Herbst ein digitales Impfbüchlein eingebaut werden. Mit automatischer Erinnerung, wenn eine Impfung aufgefrischt werden sollte.

Gesundheits-Apps: Konkurrenz für das EPD

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Laut SRF-Digital-Redaktor Reto Widmer können Gesundheits-Apps durchaus als Konkurrenz um EPD gesehen werden. Vor allem, weil sie bereits existieren und viele Funktionen beinhalten, die das EPD nicht hat. Die Apps fürs Handy sind ausserdem attraktiv und sprechen die Menschen vielleicht etwas mehr an als das offizielle EPD.

Zudem beteiligen sich finanzstarke Partner. Bei der Patienten-App Compassana zum Beispiel, sind es Helsana, Swica und Groupe Mutuel sowie das Kantonsspital Luzern. Oder bei der App Well ist Visana dabei und eine grosse Online-Apotheke. Sie werben mit einem breiten Gesundheitsservice, unter anderem kann man mit dieser App Symptome überprüfen lassen, Termine mit dem Arzt vereinbaren oder Medikamente bestellen.

Zusatzfunktionen wie Terminvereinbarungen oder Gesundheitstipps sind beim offiziellen EPD nicht vorgesehen. Das EPD kann aber mehr, wenn es um unsere Gesundheitsdaten geht. «Das EPD wird von der Politik getragen, die auch festgelegt hat, dass Ärzte, die neu mit dem Praktizieren beginnen, die Gesundheitsdaten ihrer Patientinnen und Patienten ins EPD integrieren müssen», erklärt Reto Widmer. Und auch wenn das Eröffnen eines offiziellen EPD mehr Zeit brauche, sei dafür maximale Sicherheit beim Datenschutz gewährleistet. «Deshalb muss man auch physisch zu einer Eröffnungsstelle gehen.»

Wer eine Patienten-App auf sein Smartphone lädt, muss sich bewusst sein, dass es sich nicht um das offizielle EPD handelt. Und: Laut Reto Widmer macht man dem offiziellen EPD keinen Gefallen, wenn man «fremdgeht»: «Eigentlich wäre es gut, wenn das EPD sich jetzt endlich durchsetzen könnte und wir nicht verschiedene Dienste auf unserem Smartphone hätten.» 

Stichwort Impfbüchlein: Da denken viele mit einem flauen Gefühl im Magen an das Debakel um die Stiftung «Meine Impfungen», welche nicht zuletzt wegen des schlechten Datenschutzes gescheitert ist.

Verständlich. «Meine Impfungen» hat aber nichts mit dem EPD zu tun. Das wird seit Jahren auf einer ganz anderen Schiene aufgegleist. Aber – so sagen die Verantwortlichen – es soll ab diesem Herbst möglich sein, die Impfdaten von «Meine Impfungen» ins eigene EPD zu importieren.

Aber: «Meine Impfungen» ist gestorben, weil Daten nicht sicher waren. Beim EPD sollen sie sicher sein?

Davon müssen wir ausgehen. Die Sicherheit ist auch ein Grund, dass die Schaffer des EPD schon 15 Jahre am Werk sind. Der Imageschaden für die Anbieter wäre riesig, deshalb ist die Sicherheit beim EPD mindestens so hoch wie beim E-Banking. Ausserdem hat der Eidgenössische Datenschützer ein Auge darauf.

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Wir müssen also einfach darauf vertrauen, dass es sicher ist. Schlussendlich gibt es aber nur ein solches EPD, oder?

Wir müssen vertrauen und auch die Chance sehen. Dank der effizienteren Informationsabläufe könnte man Kosten im Gesundheitswesen sparen. Und man weiss auch: Viele Komplikationen bei der Behandlung von Patienten entstehen wegen falscher Medikamente oder falscher Einnahme. Hier kann ein EPD zu einem besseren Überblick verhelfen.

Das Interview führte Stefan Wüthrich.

Espresso, 18.07.23, 08:10 Uhr

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