Daniel Häni ist Mitbegründer des bekannten Kaffeehauses «Mitte» in Basel. Mehr als 1000 Gäste besuchen täglich das Kaffee. 80 Menschen arbeiten im Unternehmen.
Statt 20'000 fast 200'000 Franken für Strom
Im Juli dieses Jahres kam für die «Mitte» der Stromschock. Von ihrem Energieanbieter IWB erhielten sie eine Offerte für den Ende Jahr auslaufenden Vertrag. Der Preis hat sich fast verzehnfacht: Statt 20'000 bezahlt das bekannte Kaffeehaus nun 180'000 Franken für Strom pro Jahr.
Das Unternehmen hatte sich im Jahr 2014 dazu entschlossen, in den sogenannt «freien Strommarkt» zu wechseln. Das machten auch rund 30'000 andere Firmen in der Schweiz. Wenn ein Unternehmen mehr als 100'000 Kilowattstunden Strom pro Jahr bezieht, kann es sich seit der Liberalisierung im 2009 dazu entscheiden, aus der Grundversorgung mit fixen aber relativ hohen Preisen auszusteigen, und in den freien Strommarkt zu wechseln, wo die Preise deutlich günstiger waren. Allerdings: Wer diesen Schritt gemacht hat, kann nie mehr zurück.
Wirte fürchten Existenzkrise
Dass die Strompreise steigen und sinken können, wusste Daniel Häni von der «Mitte». Dass sich die Tarife wegen der aktuellen politischen Situation auf einen Schlag verzehnfachen, so dass die Strompreise plötzlich zum Roulette-Spiel werden, wie im Casino oder an der Börse, sagte damals niemand.
Wir können ja den Kaffee nicht unendlich verteuern. Uns würde das in eine Existenzkrise stürzen.
Und die massiven Mehrkosten könne man nicht einfach so auf die Kundschaft überwälzen, sagt Daniel Häni dem SRF-Konsumentenmagazin «Espresso»: «Wir können ja den Kaffee nicht unendlich verteuern. Uns würde das in eine Existenzkrise stürzen.»
Basler Wirteverband sagt: «Kein Einzelfall»
Leider kein Einzelfall, bestätigt Maurus Ebneter, Präsident des Basler Wirteverbandes: «Zehn bis 20 Prozent unserer Mitglieder sind sehr stark betroffen.» Allein in Basel sind rund 100 Gastrobetriebe in einer ähnlichen Situation. Sie müssen ihren Stromvertrag im dümmsten Moment erneuern. Schweizweit sind es noch viel mehr. Diese seien mit einer 14- oder gar 15-fachung des Strompreises konfrontiert. Und das stelle die Gastronomen vor existenzielle Probleme.
Wenn neben Waren und Löhnen auch der Strom noch massiv teurer werde, könne man das nicht einfach den Kundinnen und Kunden weitergeben. Auch diese hätten derzeit weniger im Portemonnaie: Stichwort Krankenkassenprämien sowie steigende Heiz- und Lebensmittelkosten.
Diese Unternehmen sind über die Risiken des freien Strommarktes tatsächlich nicht genügend aufgeklärt worden.
Wegen Corona auch keine Reserven
Für die Branche ist deshalb die Politik gefordert. Eine Möglichkeit wäre, die Strompreise zu deckeln, sagt Maurus Ebneter, der ebenfalls im Vorstand von Gastrosuisse ist. Oder dass die betroffenen Unternehmen unter gewissen Auflagen wieder in die Grundversorgung zurückwechseln können. «Ohne staatliche Massnahmen werden betroffene Betriebe eingehen», sagt er. Ausser sie hätten grosse Reserven, aber das sei nach 2 Jahren Coronakrise auch nicht mehr der Fall.
Über die Risiken des freien Strommarktes seien diese Unternehmen tatsächlich nicht genügend aufgeklärt worden, meint Ebneter. Er spricht deshalb von einer «Ausnahmesituation».
Bundesrat prüft Massnahmen
Wie der «Tagesanzeiger» diese Woche publik machte, prüft eine Arbeitsgruppe von Bundesrat Guy Parmelin derzeit, ob der Schritt zurück in die Grundversorgung aufgrund der ausserordentlichen Situation möglich wäre. Auch diverse Motionen sind dazu hängig. Die Strombranche hat jedoch schon mal präventiv abgewunken.