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Krieg in Nahost Ägyptenreise lässt sich aktuell nicht kostenlos annullieren

Wer aus Angst oder Vorsicht die gebuchte Ägyptenreise absagen möchte, muss die Stornierungskosten bezahlen.

Eine Familie aus Zürich hat für Weihnachten/Neujahr eine dreiwöchige Ägyptenreise gebucht. Nach Ausbruch des israelisch-palästinensischen Kriegs im Oktober und einem Terroranschlag in Alexandria, möchte sie die Reise absagen.

Steht doch in den Reisehinweisen des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten EDA für Ägypten: «Die prekäre Sicherheitslage kann sich auch auf das ägyptische Grenzgebiet auswirken», und «trotz erhöhter Sicherheitsmassnahmen besteht das Risiko von Terroranschlägen jederzeit im ganzen Land.»

Aktuell keine kostenlosen Absagen für Ägypten

Die Frau schreibt dem SRF-Konsumentenmagazin «Espresso»: «Aufgrund dieser Informationen könnten wir eine Ferienreise als Familie mit Kind unmöglich geniessen, wir wären in ständiger Angst.» Sie storniert die Reise und erhofft sich vom Reisebüro Kulanz. Doch dieses besteht auf den vertraglichen Annullationsbedingungen, zu diesem Zeitpunkt ein Fünftel der Buchungskosten. Die Frau kann dies nicht verstehen: «Wieviel deutlicher müssen denn die Warnungen des EDA geschrieben sein?»

Der Text auf der Internetseite des EDA sei eben keine Reisewarnung, sagt Hochschuldozent für Tourismusrecht und Rechtsanwalt Reto Ineichen. Die Formulierung zu möglichen Terroranschlägen beispielsweise stehe dort schon seit langem. «Deshalb kann man damit auch nicht begründen, dass es gar nicht mehr möglich sei, nach Ägypten zu reisen.» Als Reisewarnung, um eine Reise ohne Folgekosten annullieren zu können, gilt bei Reiseveranstaltern und -versicherung nur, wenn das EDA explizit von Reisen in ein Land abrät. Eine Umfrage von «Espresso» bei grossen Reiseveranstaltern und -versicherungen zeigt, dass aktuell alle danach handeln. Der Tourismus in Ägypten laufe normal weiter.

Das ist einfach die Praxis, die sich entwickelt hat.
Autor: Reto Ineichen Rechtsanwalt und Hochschuldozent für Tourismusrecht

Es gibt kein Gesetz, in welchem festgehalten ist, dass Reiseveranstalter wegen einer Reisewarnung des EDA kostenlos stornieren muss, sagt Ineichen: «Das ist einfach die Praxis, die sich entwickelt hat.» Einerseits, weil die Reise in solchen Situationen oft nicht mehr so durchgeführt werden kann, wie sie gebucht wurde. Es gibt also wesentliche Änderungen. Andererseits ist es auch eine Risikoabwägung, weil der Reiseveranstalter je nachdem haftbar ist, wenn seiner Kundschaft etwas geschieht, während das EDA von Reisen ins betreffende Land abrät.

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Könnten die Reiseveranstalter nicht einfach kulant sein?

Mit der Kulanz ist es nicht so einfach. Wenn ein Kunde eine Reise bucht, geht das Reisebüro für ihn Verpflichtungen ein, bucht beispielsweise Unterkünfte und Ausflüge. «Dann entstehen auch dem Reisebüro Kosten, wenn der Kunde annulliert», sagt Reiserechtsexperte Ineichen. Und ohne Reisewarnung würde eine Versicherung des Reisebüros diese Kosten nicht übernehmen.

Wenn jemand Bedenken hat, eine gebuchte Reise anzutreten, empfiehlt der Experte ein persönliches Gespräch mit dem Reisebüro. «So kann man vielleicht Lösungen finden, die sonst nicht möglich wären.» Beispielsweise, dass der Kunde zwar kein Geld zurückerhält, aber mit dem Betrag im nächsten Jahr eine Reise buchen kann. Am aussichtsreichsten ist es, wenn der Kunde die gebuchte Reise auf einen neuen Termin verschiebt.

Wer aktuell eine Ägyptenreise bucht, muss sich also bewusst sein, dass er Stornierungskosten bezahlt, wenn er wieder absagt – ausser das EDA würde aufgrund einer neuen Entwicklung von Reisen abraten.

Espresso, 09.11.23, 8:10

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