Auf der Abrechnung ihres Postfinance-Kontos bemerkt eine Frau aus dem Kanton Zürich kürzlich eine Zahlung an Sunrise von 60 Franken – und zwar per Lastschriftverfahren. Sie ist überrascht, denn sie war noch nie Sunrise-Kundin.
Ohne Kundennummer keine Hilfe
Als sie sich bei der Hotline des Telekomunternehmens meldet, verlangt man dort eine Kundennummer, sonst könne man nicht helfen. Doch die Hörerin des SRF-Konsumentenmagazins «Espresso» hat keine Kundennummer: Sie ist schliesslich gar keine Kundin. Die Frau wird von einer Stelle an die nächste verwiesen, bis ein Sunrise-Mitarbeiter endlich die Ursache für die Zahlung findet.
Swissonline-Vertrag lief unbemerkt weiter
In den 1990er-Jahren hatte die Zürcherin beim ehemals bekannten Anbieter Swissonline einen Internetvertrag und drei E-Mail-Adressen. Als es 1998 hiess, Swissonline werde aufgelöst, schloss die damalige Studentin bei einem anderen Anbieter ein Internet-Abo ab. Was sie nicht realisierte: Cablecom (später UPC und heute Sunrise) übernahm damals die Firma Swissonline und damit auch den Vertrag der Zürcherin.
Der Vertrag also lief ohne ihr Wissen weiter – die jährliche LSV-Zahlung bemerkte die Hörerin leider nicht. Und es geht ihr auch nicht um die schätzungsweise 1500 Franken, welche sie über Jahre an Cablecom/UPC gezahlt hat. Die «Espresso»-Hörerin will einfach aus dem uralten Dinosaurier-Vertrag aussteigen. Am Telefon bestätigt der Sunrise-Agent, der Vertrag werde nun aufgelöst. Und die bereits fällige Jahresgebühr fürs 2023 müsse sie nicht mehr bezahlen. Schriftlich hat die Zürcherin allerdings nichts in der Hand.
«Ich kann mich nicht wehren!»
Neun Monate später meldet sich dann plötzlich ein Inkassobüro mit einer Mahnung von mehr als 200 Franken. Als die Zürcherin klären will, was das soll, heisst es bei der Sunrise-Hotline erneut: Ohne Kundennummer könne man leider nicht helfen.
Derweil schickt die Inkassofirma im Dreiwochentakt Mahnungen. Und im Januar 2024 wird die Zürcherin von Sunrise betrieben. Ohne, dass das Unternehmen sagen kann, weshalb: «Ich werde einfach nicht gefunden im System. Trotzdem können sie mich betreiben und sie wissen selbst nicht, weshalb sie mich betreiben», schildert die sprachlose Hörerin. «Sie schiessen knallhart mit einem Inkassobüro und Betreibung auf mich, und ich kann mich nicht wehren.»
Sunrise: «Fall hätte so nicht stattfinden dürfen»
Auf Anfrage sagt ein Sunrise-Sprecher: «Das ist ein Fall, der so nicht hätte stattfinden dürfen. Wäre dieser intern von Anfang an der richtigen Abteilung zugewiesen worden, wäre er schnell aufgeklärt gewesen.» Das tue Sunrise leid. Die Betreibung und den Eintrag im Betreibungsregister ziehe man selbstverständlich zurück. Die Zürcherin hätte für die 60 Franken allerdings jährlich eine Rechnung erhalten sollen. Diese sagt, es sei in all den Jahren nie eine gekommen, sonst hätte sie längst gekündigt. In diesem Punkt steht Aussage gegen Aussage.
Die Problematik wegen der mündlichen Kündigungen sieht Sunrise hingegen nicht. Bei einer mündlichen Kündigung erhielten Kunden in ihrem Sunrise-Portal eine Bestätigung. Ein solches hatte die betroffene Zürcherin natürlich nicht. Zusätzlich könne man aber auch eine schriftliche Kündigungs-Bestätigung per Post verlangen, sagt Sunrise.