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Missbrauchsskandal Kirchenaustritt ist kostenlos – in den meisten Kantonen

Über 1000 Missbrauchsfälle in der römisch-katholischen Kirche – einige wollen deshalb austreten. Informationen zu Vorgehen und Folgen.

Wie gibt man den Austritt aus der Kirche? Es genügt ein eingeschriebener Brief an die Kirchengemeinde, am besten an den Präsidenten oder die Präsidentin. Nicht den Pfarrer anschreiben, der hat dazu rechtlich nichts zu sagen.

Muss man ein bestimmtes Formular ausfüllen? Nein. Man muss lediglich über 16 Jahre alt sein, um den Kirchenaustritt selbst geben zu können – also kirchenrechtlich mündig. Der Austritt gilt nicht automatisch auch für die eigenen Kinder. Ist das gewünscht, muss es speziell erwähnt werden.

Gilt in allen Kantonen dasselbe? In vier Kantonen und Halbkantonen gelten Spezialregelungen. Im Kanton Wallis muss der Brief an die Gemeinde geschickt werden, in der man getauft wurde. In St. Gallen, Appenzell Innerrhoden und Ausserrhoden muss die Unterschrift auf dem Austrittsschreiben beglaubigt sein. Das kann man auf der Einwohnergemeinde machen. Kosten: ca. 30 Schweizer Franken. In den anderen Kantonen gibt es keine solchen bürokratischen Hürden, und der Kirchenaustritt ist kostenlos.

Was muss im Austrittsbrief stehen? Sicher der Satz, dass die Person ihren sofortigen Austritt aus der katholischen Kirche erklärt. An persönlichen Angaben braucht es den vollständigen Namen der austretenden Person(en), das Geburtsdatum, den Heimatort und die aktuelle Wohnadresse. Wer es weiss, kann zusätzlich das Taufdatum und den Taufort angeben. Das ist aber nicht zwingend. Im Brief sollte eine schriftliche Bestätigung des Kirchenaustritts verlangt werden und dass die Kirchgemeinde die Einwohnergemeinde und das Steueramt informiert. Die Bearbeitung dauert zwischen einigen Tagen und zwei Monaten. Bei den Reformierten gilt übrigens dasselbe.

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Muss ich meinen Austritt begründen? Nein. Es reicht eine nüchterne Austrittserklärung. Die Kirchgemeinde darf auch keine Bedingungen stellen für den Kirchenaustritt, wie die Angabe von Gründen, ein vorgängiges Gespräch, das Ausfüllen eines speziellen Formulars oder die Angabe von Taufort und Taufdatum. Unverbindlich ein Gespräch anbieten, darf die Kirchgemeinde selbstverständlich. Wer das nicht wünscht, kann es bereits im Austrittsbrief erwähnen.

Was sind die Folgen eines Kirchenaustritts? Wer austritt, hat keinen Anspruch mehr auf kirchliche Dienstleistungen wie Taufe, Trauung, Abdankung, Seelsorgegespräche etc. In einzelnen Kirchgemeinden sind bestimmte Dienstleistungen für Nicht-Mitglieder möglich, wenn sie dafür bezahlen oder der Pfarrer eine Ausnahme macht. Eine Bestattung auf dem Friedhof ist weiterhin möglich, da Friedhöfe den politischen Gemeinden unterstellt sind. Und wenn eine ausgetretene Person später ihre Meinung ändern sollte, kann sie wieder in die Kirche eintreten.

Es gibt Internetportale, die gegen Bezahlung den Kirchenaustritt als Dienstleistung übernehmen. Braucht es das? Nein. Wer dennoch die Hilfe eines solchen Portals in Anspruch nehmen möchte, sollte nicht mehr als rund 30 Franken dafür bezahlen. Einzelne dieser Portale und andere Internetseiten bieten auch gratis Musterbriefe und Informationen zum Kirchenaustritt an. Möglicher Vorteil einzelner Portale: Sollte sich die Kirchgemeinde beim Austritt querstellen, übernehmen sie die Problemlösung.

Espresso, 22.9.23, 8:10 Uhr

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