Worum geht es? Vor rund zwei Jahren führten Schweizer Detailhändler wie Migros, Alnatura und Lidl bläuliche Kassenzettel ein. Migros erklärte damals, die blauen Belege seien deutlich umweltfreundlicher, da sie weniger Chemie enthielten. Somit könnten diese problemlos ins Altpapier. Doch die Recycler sehen das anders.
Was sagen die Altpapiersammler? Diese Behauptung sei bei den Schweizer Papiersammlern nie überprüft worden, sagt Paul Fischer, Geschäftsstellenführer des Vereins «Recycling Papier + Karton» (RPK): «Wir sind noch nie von einem Retailer angefragt worden bezüglich blauer Kassenbons. Das heisst, man hat das bei uns noch nie getestet.» Dies im Gegensatz zur europäischen Partnerorganisation Ingede, dem Zusammenschluss der europäischen Papier-Recycler. Das Fazit des Ingede-Tests: «Die blauen Kassenzettel sind nicht recycelbar.»
Wo liegt das Problem? Die dicke Russschicht auf den blauen Belegen führe zu Problemen im Recycling – «selbst in kleinen Mengen», schreibt Ingede dem SRF-Konsumentenmagazin «Espresso». Bereits ein einziger Kassenzettel genüge, um drei Kilogramm weisses Altpapier grau zu verfärben.
Was sagt der Detailhandel zur Kritik? Lidl hat die blauen Kassenbons aus technischen Gründen bereits wieder abgeschafft: Diese würden von den Tür-Scannern am Ausgang nicht korrekt gelesen. Migros gibt zu, dass die Recyclebarkeit in der Schweiz nie geklärt wurde. Man habe die Bons «auf Basis der Informationen des Herstellers» eingeführt. Dennoch hält Migros an ihrer Position fest: «Nach unserem aktuellen Wissensstand und nach Absprache mit dem Lieferanten sind die blauen Kassenzettel für das Papierrecycling geeignet.»
Das sagt der Hersteller des blauen Papiers: Gegenüber SRF argumentiert der deutsche Hersteller Köhler: Der schwarze Russ auf den blauen Belegen könne das Recyclingpapier zwar verfärben, weil der Grossteil des Altpapiers jedoch ohnehin zu nicht-weissem Verpackungspapier verarbeitet werde, dürften die blauen Quittungen trotzdem in die Papiersammlung.
Auch Migrolino-Becher umstritten: Die blauen Kassenbons sind für Paul Fischer vom Verein RPK nur ein Beispiel dafür, wie der Detailhandel die Recycling-Experten übergeht. Ein weiteres ist der Migrolino-Kaffeebecher. Dieser dürfe ins Altpapier und sogar in den Kompost, da er keine Plastikschicht enthalte, behauptete Migros bei seiner Lancierung vor einem Jahr. Doch auch diese Behauptung wurde nicht mit den Recyclern geklärt. Für Paul Fischer ist dieses Vorgehen «extrem unüblich».
Migros rudert beim Kaffeebecher zurück: Bei der ersten Anfrage des Konsumentenmagazins «Espresso» vor einigen Wochen, hatte Migros noch behauptet, die Migrolino-Becher könnten ins Altpapier. Dies war offenbar eine Fehlinformation: Tatsächlich dürfen die Kaffeebecher nun doch weder im Kompost noch im Altpapier entsorgt werden.