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Phthalate im Plastik Alarmierende Ergebnisse bei Weichmacher-Kontrollen

Kantonale Chemikalien-Fachstellen fanden in zwei Dritteln der untersuchten Kunststoff-Gegenstände verbotene Phthalate.

In einer Schwerpunktaktion kontrollieren die kantonalen Chemikalien-Fachstellen Alltagsgegenstände aus Kunststoff auf verbotene Weichmacher, sogenannte Phthalate. Das bestätigt der zuständige Kantonschemiker auf Anfrage. Es gab bereits mehrere Rückrufe, beispielsweise von Badewannen-Matten, Bettflaschen, Spielzeugboxen. Im Interview gibt der Basler Kantonschemiker Yves Parrat erste Ergebnisse bekannt. 

Yves Parrat

Kantonschemiker und Leiter Kantonales Laboratorium Basel-Stadt

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Yves Parrat ist seit 2023 Kantonschemiker und Leiter Kantonales Laboratorium Basel-Stadt. Er verfügt über ein Diplom als Chemie-Ingenieur der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne. Seine Doktorarbeit erarbeitete er am Paul-Scherrer-Institut sowie an der Universität Bern, den Doktortitel verlieh ihm die Universität Bern.

SRF: Weshalb kontrollieren die Chemikalien-Fachstellen dieses Jahr speziell Produkte auf Phthalate? 

Yves Parrat: Einerseits aus Konsumentenschutzgründen, weil Phthalate die Fortpflanzung gefährden und auch unseren Hormonhaushalt stören können. Andererseits waren die Ergebnisse mehrerer Kontrollen in der Vergangenheit nicht zufriedenstellend. Mit einer Wiederholung probieren wir, Verbesserungen einzuleiten. 

Wie gehen Sie bei diesen Kontrollen vor?    

Die Inspektorinnen und Inspektoren scannen in den Läden Kunststoffgegenstände mit einem Infrarotspektrometer. So können wir phthalathaltige Kunststoffe finden.

Wir stellen fest, dass weiterhin Importprodukte – vorwiegend aus Asien – die gesetzlichen Anforderungen nicht erfüllen.

Diese müssen dann im Labor analysiert werden, um die verbotenen Phthalate zu bestimmen. Das tragbare Gerät kann nicht selbst zwischen noch zugelassenen und verbotenen Phthalaten unterscheiden. 

Sie haben den Lead bei dieser Aktion, die noch weiterläuft. Für SRF haben Sie eine erste Zwischenbilanz gezogen. Wie sieht diese aus? 

Wir haben bisher rund 1'400 Kunststoffprodukte vor Ort gescannt. Davon waren rund 180 positiv und wurden ins Labor mitgenommen. 80 haben wir bereits untersucht, wovon 51 den Höchstwert an verbotenen Phthalaten überschritten haben. Hochgerechnet werden wir bei der Kampagne wohl mehr als 100 Produkte aus dem Verkehr ziehen.  

Wann gilt ein Produkt als gesundheitsgefährdend?

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«Eine Gesundheitsgefährdung bei phthalathaltigen Produkten ist möglich, wenn sie im Körperinnern und oder häufig mit Hautkontakt verwendet werden», sagt der Basler Kantonschemiker Yves Parrat: «Die hohe Zahl an Rückrufen lässt sich damit erklären, dass die Inspektorinnen und Inspektoren viele Produkte gefunden haben, die diese Eigenschaften erfüllen.»

Das ist viel. Welche Schlüsse ziehen Sie daraus? 

Wir stellen fest, dass weiterhin Importprodukte – vorwiegend aus Asien – die gesetzlichen Anforderungen nicht erfüllen. Es braucht daher weitere Kontrollen. Aber auch die Betriebe sind aufgefordert, ihre Importprodukte besser zu kontrollieren. Diese Selbstkontrolle ist leider ein Dauerbrenner.

Wir beanstanden solche Produkte seit Jahren – ohne wesentliche Verbesserungen. Wir hoffen aber, dass mit unseren Rückrufen nicht nur Konsumenten sensibilisiert werden, sondern auch die Importeure die Selbstkontrolle verbessern. 

Im Oktober gab es gleich acht Rückrufe von Plastikprodukten wegen verbotener Phthalate… 

Zunächst muss ich sagen: Ein Rückruf ist eine Extremmassnahme, die verhältnismässig sein muss. Wird der Höchstwert überschritten, erlassen wir in jedem Fall ein Verkaufsverbot. Ist jedoch eine Gesundheitsgefährdung nicht auszuschliessen, dann ist ein Rückruf sicher verhältnismässig. 

Sind die vielen Rückrufe auch ein Tritt ans Schienbein der Importeure? Ein Weckruf? Denn ein Rückruf bedeutet für sie viel Aufwand. 

Ja, das ist so. Mit einem Rückruf muss der Verkäufer seine Kundschaft informieren, dass das Produkt die Gesundheit gefährdet und zurückgebracht werden kann. Das ist viel Aufwand. Und deshalb erhoffen wir uns eine Verbesserung für die Zukunft, weil die Importeure diesen Aufwand möglichst vermeiden möchten.

Das Gespräch führte Oliver Fueter.

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Espresso, 30.10.25, 08:10 Uhr ; 

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