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Trauerseite in der Kritik Umstrittenes Geschäft mit Todesanzeigen geht weiter

Die Seite todesanzeigenportal.ch publiziert weiterhin ungefragt Todesanzeigen – und damit auch Adressen von Angehörigen.

Nach dem Tod ihres Vaters stellt eine Tochter fest, dass die Todesanzeige ohne ihre Zustimmung auch auf der Seite todesanzeigenportal.ch zu finden ist – inklusive ihrer privaten Wohnadresse. «Ich finde das pietätlos», sagt die Betroffene zum SRF-Konsumentenmagazin «Espresso». Sie hatte diesem Portal nie einen Auftrag erteilt, sondern die Anzeige in einer Zeitung aus der Region Luzern veröffentlicht.

Nebst der gedruckten Ausgabe erscheinen dort die Todesanzeigen auch in der digitalen Version, allerdings hinter einer Paywall. Die Zeitung sagt auf Anfrage, sie habe keine Geschäftsbeziehung zu den Verantwortlichen von todesanzeigenportal.ch.

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Trauernde Angehörige wissen von nichts

Betrieben wird das Todesanzeigenportal von der Famads AG aus Biel. Erstmals berichtete «Espresso» 2018 über deren Vorgehen . Seither melden sich regelmässig Hinterbliebene bei der Redaktion, die sich darüber ärgern. 

Famads gibt an, die Todesanzeigen würden «aus verschiedensten Quellen» stammen. Unter anderem von «Partnerplattformen», von den Internetseiten von Bestattungsunternehmen oder von Behörden-Webseiten. Eine wichtige Quelle ist offenbar die Plattform sich-erinnern.ch – die Gedenkseite der Tamedia-Zeitungen –, da zahlreiche auf dem Portal publizierte Todesanzeigen von dort zu stammen scheinen. Auch Tamedia sagt auf Anfrage, es bestehe keine Geschäftsbeziehung zur Famads AG. Diese übernehme die Todesanzeigen «gegen unseren Willen».

Keine konkreten Antworten von Famads

Famads sucht also Todesanzeigen aus allen möglichen Quellen zusammen, um sie auf todesanzeigenportal.ch zu veröffentlichen. Datenschutzrechtlich ist das bedenklich, insbesondere wenn auch die Wohnadresse der Trauernden veröffentlicht wird. Obwohl es sich dabei nicht um besonders schützenswerte Daten handelt, sollten Angehörige die Möglichkeit haben, einer Publikation widersprechen zu können, findet das Büro des Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten (Edöb).

«Espresso» bat die Famads AG, wie schon bei früheren Berichten, um ein Interview mit einer verantwortlichen Person. Auf diese Bitte ging das Unternehmen einmal mehr nicht ein, sondern reagierte per E-Mail. Dabei bleiben die Antworten vage. So wollte die Redaktion im Fall aus dem Kanton Luzern wissen, woher Famads diese Anzeige übernommen hatte. Antwort: «Unsere Daten sind von Inserenten oder aus öffentlich verfügbaren Quellen.» Zudem wollte «Espresso» wissen, ob die Mehrheit der Anzeigen auf todesanzeigenportal.ch von fremden Quellen stamme. Die Frage blieb unbeantwortet. 

Leeres Versprechen

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Die Famads AG als Betreiberin von todesanzeigenportal.ch versicherte im Jahr 2021, Traueradressen künftig unkenntlich machen zu wollen. Ein Jahr später wiederholte sie dieses Versprechen – mit dem Zusatz, dass dies nicht für alle Traueranzeigen gelte, da «viele Inserenten die Traueradresse bewusst veröffentlicht haben möchten». Denn diese seien ja auch an anderen Orten online auffindbar. Die Famads AG scheint also davon auszugehen, dass Angehörige, die eine Traueranzeige in einer Zeitung veröffentlichen, automatisch auch deren Veröffentlichung auf todesanzeigenportal.ch wünschen.

Nach Ansicht von Famads handelt es sich beim Fall aus Luzern um «einen Einzelfall». Denn das Unternehmen vertritt die Haltung: «Wenn eine Traueranzeige öffentlich verfügbar gemacht und auch eine Traueradresse publiziert wird, wollen Angehörige diese Informationen auch bewusst verbreiten.» Aber: Man unternehme «nach wie vor viel», um Fälle wie jenen aus dem Kanton Luzern zu vermeiden. Was das Unternehmen konkret unternimmt, bleibt offen. 

Immerhin: Sollten sich Angehörige melden, würde man Anzeigen «inaktivieren». Das Problem dürfte aber sein, dass viele Angehörige gar nicht bemerken, dass die Anzeige auch auf dem Todesanzeigenportal veröffentlicht wurde. Und eben: Nach Ansicht des Edöb sollte man vor einer Veröffentlichung seine Zustimmung geben können.

Untersuchung nach Strafanzeige

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Der Verlegerverband Schweizer Medien (VSM), der unter anderem die Schweizer Zeitungsverlage vertritt, hat im November 2019 zusammen mit der Freiburger Nachrichten AG eine Strafanzeige gegen die Betreiber des Todesanzeigenportals eingereicht.

Man sei der Ansicht, heisst es beim VSM, dass «das Vorgehen der Famads AG insbesondere unter dem Gesichtspunkt des unlauteren Wettbewerbs problematisch ist», da sich die Firma Produkte und Inhalte von Verlagshäusern – konkret: Todesanzeigen – zu eigen mache und vermarkte. Die Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern teilt auf Anfrage mit, dass im Zusammenhang mit der Strafanzeige eine Untersuchung eröffnet worden sei, «wegen des Verdachts auf unbefugte Datenbeschaffung, unbefugtes Eindringen in ein Datenverarbeitungssystem, Verwertung fremder Leistungen sowie Urheberrechtsverletzung». Eine Prognose, wann das Verfahren abgeschlossen sein wird, könne man nicht machen. 

Die Famads AG sagt zu dieser Untersuchung: «Wie Sie sich einfach vorstellen können, mögen grosse Verlagshäuser unsere Dienstleistungen nicht. Somit ist auch nachvollziehbar, dass versucht wird, eine Teilnahme am Markt mit rechtlichen Mitteln zu unterbinden.»

Espresso, 14.08.2023, 08:10 Uhr

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