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Frust statt Frise: Lausiges Coiffeur-Abo nervt viele
Aus Kassensturz vom 20.11.2018.
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Frust statt Frise Lausige Coiffeur-Abos sorgen für Ärger

30 Franken für einen Haarschnitt: Ein Unternehmen lockt junge Leute mit günstigen Angeboten. Doch nur wenige Salons machen mit.

Am Bahnhof. In der Einkaufspassage. Auf grossen Plätzen. Überall gehen die Strassenverkäufer auf Kundenfang. Ihr Auftritt ist aufsässig, ihr Angebot verlockend: Zehn Haarschnitte für 300 Franken bei ausgesuchten Salons. Gerade Jugendliche und Studenten sprechen darauf an.

Der Verkäufer war so aufdringlich. Ich wollte ihn einfach loswerden. Und dann habe ich halt unterschrieben.
Autor: Rahel Meier Berufsschülerin

Coiffeur auswählen, Haare schneiden lassen, Besuch bewerten. Klingt simpel. Doch ein näherer Blick zeigt: Das Angebot ist lausig. Nur ein Bruchteil der auf der Webseite aufgeführten Salons sind tatsächlich Partner des Anbieters für Coiffeur-Abos.

In Luzern oder Bern ist die Kundschaft arg eingeschränkt: Dort akzeptieren nur je zwei Coiffeure die Gutscheinkarte. Und laut Vertrag dürfen sie nur dreimal besucht werden. Wer also sein Zehner-Abo einlösen will, muss auf andere Städte ausweichen. «Ich finde das ein Beschiss», sagt die Berner Kundin Annina Fröhlich. «Das Unternehmen zielt auf junge Leute ab, die Geld sparen wollen. Und hat keine Skrupel, ihnen Dinge zu verkaufen, die sie gar nicht brauchen können.»

Ich finde das ein Beschiss! Es ist nicht das, was sie mir versprochen haben.
Autor: Annina Fröhlich Kundin

Viele Kunden übersehen auf der Webseite, dass die meisten Salons gar nichts mit der Abo-Firma zu tun haben. Ivo Aeschlimann, Inhaber von Ghel Coiffeur im Zürcher Niederdorf, muss immer wieder Kunden darüber aufklären, dass die Karte bei ihm nicht gültig ist: «Für uns ist das ziemlich unangenehm. Wir haben mit dieser Firma nie einen Vertrag gemacht. Ich rief einmal an und bat, uns von der Webseite zu nehmen. Doch leider ist nichts passiert.»

Ärger für die Salons, Ärger für die Kunden. Besonders für jene, die vom Vertrag zurücktreten wollen: Rahel Meier wurde in Zürich zu einem Fünfer-Abo überredet. Nachdem sie am Abend ihren Eltern davon erzählt hatte und diese das Angebot für «unseriös» befunden hatten, widerrief sie am folgenden Tag den Vertrag. Trotzdem musste sie monatelang auf ihr Geld warten.

Geschäfte mit Strassenverkäufern – gut zu wissen

Box aufklappen Box zuklappen

Wer von einem Strassenverkäufer angesprochen wird und eiligst einen Vertrag unterschreibt, schliesst ein sogenanntes Haustürgeschäft ab. Gemäss OR Art. 40a hat der Kunde danach 14 Tage Zeit, den Vertrag schriftlich zu widerrufen. Unterlässt der Verkäufer die Information über das Widerrufsrecht, beginnt die Frist nicht zu laufen. Kunden können dann auch viel später vom Vertrag zurücktreten. Achtung: Auch Verträge mit Minderjährigen sind rechtens, wenn der Betrag die finanziellen Möglichkeiten der Person nicht übersteigt. Über ihr Sackgeld oder ihren Lehrlingslohn können Jugendliche frei verfügen.

Weitere Informationen dazu finden Sie hier.

Meier und Fröhlich sind nicht die einzigen unzufriedenen Kundinnen des Abo-Anbieters. Die Bewertungen auf Google sind durchwegs negativ.

Auf Anfrage gelobt die Firma Besserung. Man habe viel ins Personal und die Administration investiert. «Unseres Wissens ist seit 1. Juli 2018 kein Fall eines Neukunden bekannt, bei dem es Unstimmigkeiten gegeben hat.»

Strassenverkäufer redet mit möglichem Kunden
Legende: Fünf Haarschnitte für nur 150 Franken: Strassenverkäufer versuchen das Coiffeur-Abo an den Mann zu bringen. SRF

Zum Konzept ihres Bewertungsportals schreibt das Unternehmen: «Mit der ganz klaren Kennzeichnung unserer Partnersalons erwecken wir nicht den absichtlichen Eindruck, dass unser Angebot grösser ist als angepriesen. Ohnehin ist das Angebot jederzeit innert weniger Sekunden online überprüfbar.»

Rahel Meier und Annina Fröhlich wurden die vollständige Rückzahlung ihres Geldes versprochen. Ghel Coiffeur wurde von der Firmen-Webseite entfernt.

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