«Pacta sunt servanda». Auf Deutsch: «Verträge sind einzuhalten». Diesen Satz lernen Jus-Studenten im ersten Semester.
Das Prinzip der Vertragstreue geht zurück auf die Grundlagen des römischen Rechts und hat sich im Mittelalter zu einem Rechtsgrundsatz entwickelt, der in fast allen Rechtsordnungen bis heute gilt.
Ein anderer, ungeschriebener Rechtsgrundsatz relativiert dieses Prinzip. Er besagt, dass man aus einem wichtigen Grund jeden Vertrag auch wieder kündigen kann. Aber: Wer einen Vertrag vorzeitig auflöst, wird in der Regel schadenersatzpflichtig.
Widerrufsrecht bei «Haustürgeschäften»
Von diesen beiden Prinzipien gibt es eine Ausnahme: Laut Gesetz könnten Konsumentinnen und Konsumenten innerhalb von 14 Tagen schriftlich oder per Mail von einem Vertrag zurücktreten. Dazu müssen aber folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
- Diese Bestimmung kommt auf Verträge zur Anwendung, die zwischen einem kommerziellen Anbieter und einer Privatperson abgeschlossen wurden.
- Das Produkt oder die Dienstleistung muss dem privaten oder familiären Gebrauch dienen.
- Der Kunde kann nur widerrufen, wenn ihm das Produkt oder die Dienstleistung unerwartet zu Hause (unter der «Haustüre»), am Arbeitsplatz, in der Öffentlichkeit, auf einer Werbefahrt oder am Telefon angeboten wurde.
- Die Leistung des Kunden muss 100 Franken übersteigen.
Kein Widerrufsrecht besteht, wenn
- ein Kunde den Verkäufer zu sich nach Hause eingeladen oder die Verkaufsverhandlungen ausdrücklich gewünscht oder gesucht hat (bei Messen gibt es beispielsweise kein Widerrufsrecht) und
- wenn der Kunde das Produkt nicht für private, sondern für berufliche Zwecke kauft.
«Espresso»-Hörerin Monika Schneebeli hat den Vertrag für ihr Kosmetikstudio abgeschlossen, also für geschäftliche Zwecke. Ein Widerrufsrecht hätte sie nur, wenn sie die Produkte für den privaten Gebrauch gekauft hätte.
Oft muss sich ein Kunde aus einem Vertrag freikaufen
Das bedeutet: «Pacta sunt servanda». Monika Schneebeli ist an den Vertrag gebunden. Sie kann nur noch versuchen, mit dem Anbieter über einen vorzeitigen Ausstieg zu verhandeln. Viele Verträge sehen für diesen Fall die Bezahlung eines sogenannten Reuegeldes vor, einer Art Konventionalstrafe.
Ob diese Lösung für Monika Schneebeli Sinn macht, ist fraglich. Es wäre ein teures Lehrgeld.