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Miese Arbeitsverträge: Migros reagiert auf «Kassensturz»-Bericht
Aus Kassensturz vom 12.02.2019.
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Arbeit auf Abruf Migros reagiert und ändert die Arbeitsverträge

Das Wichtigste in Kürze

  • Der Beitrag im «Kassensturz» über das Outsourcing von Migros-Promotorinnen löste viel Empörung aus.
  • Nun reagiert Migros und spricht den über 230 Betroffenen für mindestens ein Jahr denselben Lohn, die gleichen Sozialleistungen und eine bessere Auslastung zu.
  • Auch eine Migros-Promotorin, die es mit ihrer Kündigung sieben Monate vor der Pensionierung besonders hart traf, bekommt nun ein faires Angebot für eine Frühpensionierung.

Früher war Liliane Z. Top-Fussballerin. Heute muss sie sich nach einer missglückten Knie-Operation Schritt für Schritt in den Alltag zurückkämpfen. Aufgeben kam für sie aber nie in Frage, denn sie wollte unbedingt wieder für die Migros als Promotorin arbeiten. Diese bieten im Laden der Kundschaft gratis allerlei Kostproben an.

Frau Z. in ihrem Wohnzimmer.
Legende: Liliane Z. traf es besonders hart. SRF

Letzten November wurde Liliane Z. allerdings hart ausgebremst: Die 63-Jährige lag noch krank im Bett, als ihr Chef anrief und ihr kündigte. Sieben Monate vor der Pensionierung! Der Grund ist ihr unbekannt. Noch mehr zu schaffen machte Liliane Z. aber die Art und Weise: «Eine Kündigung am Handy gehört sich nicht, gerade von einer Migros.»

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Marco Geu: «Diese Kündigung ist störend.»
Aus Kassensturz vom 12.02.2019.
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Unsozial findet dieses Vorgehen auch Marco Geu von der Gewerkschaft Syna: «Es wäre der Arbeitgeberin durchaus zuzumuten gewesen, Liliane Z. bis zu ihrer Pensionierung weiter zu beschäftigen.» Vor allem gebe es keinen Grund für diese Kündigung, weil eine Versicherung gegen Krankheit bestehe.

Über 230 weitere Betroffene

Liliane Z.s Entlassung kam nur Tage bevor die Migros über 230 Promotoren und Promotoinnen aus ihrem Gesamtarbeitsvertrag warf und sie zu schlechten Konditionen in die neue Firma TMI auslagerte. Die Folgen: Weniger Lohn, keine fixen Pensen und allenfalls keine Pensionskasse.

«Kassensturz» vom 05.02.19:

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    Arbeit auf Abruf: Miese Arbeitsverträge für Migros-Mitarbeiter
    Aus Kassensturz vom 05.02.2019.
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    Miese Arbeitsverträge für Degustations-Personal der Migros

    Sie verteilen lächelnd Kostproben. Doch ein neuer Vertrag stürzt die über 200 Angestellten in Existenzängste.

Im «Kassensturz» machten zwei Betroffene deutlich, was die prekären Anstellungsbedingungen bedeuten: «Mit der Arbeit auf Abruf könnte ich meine Fixkosten nicht decken», sagte Doris C. Und Esther H. ergänzt: «Bei mir löst das Existenzangst aus.»

«Kassensturz»-Bericht löste Welle der Empörung aus

Mit ihrem Auftritt im «Kassensturz» riskierten die beiden einiges. Doch es hat sich gelohnt. Der Bericht löste eine Lawine an Reaktionen aus: «Gottlieb Duttweiler würde sich im Grab umdrehen», hiess es etwa. Oder: «Da kann ich nur sagen pfui, Migros schämt euch.»

Die Kritik war eindeutig und auch für Migros nicht mehr zu überhören. Sie ging nochmals über die Bücher: Die Promotorinnen erhalten nun denselben Jahreslohn wie 2018 und dieselben Sozialleistungen. Ein Jahr lang. Ausserdem will sich Migros bemühen, die Betroffenen in ihren Filialen besser auszulasten.

Die beiden Promotorinnen, die für sich und ihre Kolleginnen einstanden, sind glücklich: «Das freut uns unheimlich, ein Riesenerfolg!», meint Doris C. Und Esther H. ergänzt: Ich bin für alle hingestanden, die täglich einen tollen Job abliefern und bin jetzt auch ein bisschen stolz auf mich.»

Die Übergangslösung im Detail:

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  • Alle TMI-Mitarbeitenden bekommen für das Jahr 2019 denselben Jahreslohn und dieselben Sozialleistungen zugesichert, die sie im Jahr 2018 erhalten hatten.
  • Allfällige Monatsschwankungen werden auf Trimesterbasis bzw. mit Vorschüssen ausgeglichen.
  • Obwohl das TMI nicht dem L-GAV untersteht, werden die Leistungen nach L-GAV bis Ende 2019 verlängert.
  • Prioritäres Ziel der zusätzlichen Massnahmen ist es, dass die TMI AG ihre Teams mit Produkt-Promotionen in den Filialen beschäftigen kann, also zusätzliche Aufträge seitens Migros generiert.

Mindestens ein Jahr Luft für die Betroffenen

Auch Gewerkschafter Marco Geu gibt sich zufrieden: «Outsourcing ist ein Übel, das leider schon seit vielen Jahren grassiert, meistens zum Nachteil der Mitarbeitenden. Dass Migros jetzt die Arbeitsbedingungen für mindestens ein Jahr beibehalten will, ist sicher die Ausnahme und vorbildlich.»

Und was passiert mit Liliane Z.? Sie hat jetzt ein Angebot zur Frühpensionierung auf dem Tisch. Zu Migros-Konditionen.

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Interview mit Alexandra Kunz vom Migros-Genossenschafts-Bund
Aus Kassensturz vom 12.02.2019.
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