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Geld Mit einer Betreibung ins berufliche Abseits gedrängt

Weil ihm seine Ex-Arbeitgeberin eine Betreibung aufgehalst hat, findet ein Security-Mann keinen Job mehr.

Ein Eintrag im Betreibungsregister ist ein Klotz am Bein, ein Hindernis bei Stellenbewerbungen, bei der Wohnungssuche oder bei Kreditanträgen, beispielsweise. Besonders problematisch ist ein solcher Eintrag bei gewissen Berufsgruppen wie etwa der Sicherheitsbranche

Gerichtsurteil: «Betreibung ist rechtsmissbräuchlich und nichtig»

Der 43-jährige Joe (Name geändert) sieht sich von seiner ehemaligen Arbeitgeberin, einer Zürcher Sicherheitsfirma, ins Abseits gedrängt. Weil diese ihm missbräuchlich eine Betreibung angehängt habe, suche er seit drei Jahren vergeblich einen neuen Job, sagt er gegenüber dem SRF-Konsumentenmagazin «Espresso».

Kürzlich erhielt er vor Gericht Recht: Die gegen ihn eingereichte Betreibung sei «rechtsmissbräuchlich und somit nichtig», heisst es im Urteil des Bezirksgerichts Affoltern am Albis (ZH).

Wie kam es dazu? Joe war 2013 bei jener Firma angestellt. Er sei einer, der exakt arbeite, sagen Dritte über ihn gegenüber «Espresso». Er sei deshalb auch einer, der mit Kritik nicht spare, wenn ihn etwas störe. Zum Beispiel habe er seine Vorgesetzten auf Sicherheitslücken an einem Einsatzort hingewiesen oder arbeitsrechtliche Probleme angesprochen.

Die Drohung wahrgemacht

Statt darauf einzugehen und die Kritik ernst zu nehmen, hätten ihm die Vorgesetzten gedroht, erzählt Joe: Wenn er nicht mit der Kritik aufhöre, müsse er mit einer Betreibung und einem schlechten Arbeitszeugnis rechnen, habe es geheissen. Joe schweigt nicht und bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit, bei der er der Firma Geld schuldet, leitet diese die Betreibung ein.

Audio
Wegen einer Betreibung in der Bredouille
aus Espresso vom 26.09.2018.
abspielen. Laufzeit 6 Minuten 51 Sekunden.

Und zwar sei der Zahlungsbefehl noch vor der entsprechenden Rechnung bei ihm eingetroffen, sagt Joe. Er habe aber von der Forderung gehört und den Betrag umgehend überwiesen: «Meine Zahlung und der Zahlungsbefehl haben sich gekreuzt.» Die Schuld war getilgt, der Eintrag im Betreibungsregister aber schon da.

«Das ist für mich vernichtend»

Für ihn sei dies «vernichtend», sagt Joe: «In den meisten Stellenausschreibungen wird ein tadelloser Leumund verlangt. Mit einem Eintrag im Betreibungsregister habe ich ein Riesenproblem.» Kein potenzieller Arbeitgeber nehme sich Zeit, um zu prüfen, ob ein Eintrag im Register Hand und Fuss habe oder nicht.

Ex-Arbeitgeberin zieht den Fall weiter – und schweigt

Er zieht seine Ex-Arbeitgeberin vor Gericht und bekommt vor der ersten Instanz Recht. Die Freude über das Urteil des Bezirksgerichts währte aber nicht lange. Die Sicherheitsfirma hat den Fall weitergezogen. Solange das Verfahren laufe, nehme man dazu auch keine Stellung, heisst es von der Firma gegenüber «Espresso».

Für Joe bedeutet das: Bis nicht ein rechtskräftiges Urteil vorliegt, wird sein Name weiter in den Auszügen des Betreibungsamtes erscheinen, wird er wohl kaum wieder einen Job in der Sicherheitsbranche finden. Er wolle diesen Beruf aber nicht einfach aufgeben: «Leute zu beschützen, ist meine Natur.»

Ab 2019 schneller raus aus der Betreibungsmühle

Joe wird also noch eine Weile in der Betreibungsmühle drinstecken – sicherlich ein spezieller Fall, der aber gut zeigt, welch einschneidende Folgen ein Eintrag im Betreibungsregister haben kann. Über fünf Jahre bleibt der Name einer betriebenen Person auf den Registerauszügen sichtbar.

Dank einer Änderung des Schuldbetreibungs- und Konkursgesetzes (SchKG) haben die Betroffenen ab dem 1.1.2019 die Möglichkeit, innert dreier Monate beim örtlichen Betreibungsamt einen Antrag zu stellen, dass es fortan keine Auskunft über die Betreibung an Dritte erteilt.

Die Gläubiger erhalten darauf 20 Tage Zeit, um darauf zu reagieren. Tun sie das nicht, kann sich der Betroffene wieder unbelastet um einen Job oder eine Wohnung, beispielsweise, bewerben.

Viele Anfragen

Bei den Betreibungsämtern wappnet man sich schon für eine grosse Zahl an Gesuchen. «Wir hatten in letzter Zeit viele Anfragen zum Thema», sagt Jurist David Rüetschi vom Bundesamt für Justiz auf Anfrage. Grundsätzlich kann laut dem Bundesamt jeder den Antrag stellen, bei dem drei Monate seit der Zustellung des Zahlungsbefehls vergangen sind. Es betrifft also auch all Jene, die in diesem oder in den vergangenen paar Jahren betrieben wurden.

Nachtrag:

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Es wurde festgestellt, dass «Joe» nicht mehr bei seiner ehemaligen Arbeitgeberin angestellt war, als er von ihr betrieben wurde, sondern bei der nachfolgenden Arbeitgeberin. Tatsächlich ein Fehler im Radiobeitrag, den SRF nachträglich korrigiert hat.

Gemäss rechtskräftigen Gerichtsurteilen hatte die Entlassung von «Joe» am neuen Arbeitsplatz nichts mit der im Beitrag erwähnten Betreibung zu tun.

Die im Audiobeitrag erwähnte Anzeige wurde bereits am 22.August 2018 von der Staatsanwaltschaft mit einer Nichtanhandnahme-Verfügung erledigt.

Dieser Artikel wurde nachträglich geändert.

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