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Arbeitsrecht Arbeiten bis zum Umfallen?

Am 1. Mai gehen Gewerkschaften und Angestellte für bessere Arbeitsbedingungen auf die Strasse. Welches ihre Rechte am Arbeitsplatz sind, möchten auch «Espresso»-Hörerinnen und Hörer wissen. Lesen Sie am «Tag der Arbeit» eine Auswahl dieser Fragen – samt Antworten und hilfreicher Links.

«Der Firma, in der ich arbeite, geht es in letzter Zeit nicht besonders gut. Wir haben zu wenig Aufträge, deshalb sitze ich manchmal tageweise zu Hause. So habe ich schon 300 Minusstunden angesammelt. Muss ich damit rechnen, dass ich meine Minusstunden vom Lohn abgezogen bekomme?

Nein. Wer unfreiwillig Minusstunden sammelt, weil der Arbeitgeber ihm zu wenig Arbeit zuweisen kann, muss diese weder nacharbeiten noch darf sie der Arbeitgeber vom Lohn abziehen. Befindet sich der Arbeitgeber im so genannten Annahmeverzug, muss er den Lohn weiter bezahlen, auch wenn der Arbeitnehmer keine Leistung dafür erbringt.

Allerdings ist der Arbeitgeber im Rahmen der so genannten Schadenminderungspflicht verpflichtet, vorübergehend andere Aufgaben zu übernehmen, unter Umständen sogar in einem anderen Betrieb. Dies gilt vor allem, wenn die Flaute im Betrieb länger andauert und ein Ende nicht absehbar ist.

«Darf mich der Arbeitgeber tageweise heimschicken und dafür einen Ferientag abziehen, wenn wir zu wenig Arbeit haben?»

Nein. Schickt der Chef einen Angestellten nach Hause, weil zu wenig Arbeit vorhanden ist, so muss er den Lohn voll und ganz bezahlen. Rechtlich besprochen verzichtet er auf die Arbeitsleistung. Das Gesetz regelt diese Situation unter dem Stichwort «Annahmeverzug des Arbeitgebers» (Link rechts).

Ferien dürfen darüber hinaus nicht tageweise bezogen werden. Das Gesetz schreibt vor, dass  der Arbeitgeber den Zeitpunkt der Ferien bestimmt. Dabei muss er aber Rücksicht auf die Bedürfnisse seiner Angestellten nehmen und der Angestellte muss mindestens einmal im Jahr zwei aneinanderhängende Ferienwochen beziehen.

«Wir hatten letztes Jahr zu wenig Personal, ich musste häufig an meinem freien Tag arbeiten. Unterdessen habe ich so viele Überstunden, dass ich sie kaum abbauen kann. Kann ich mir die Überstunden auszahlen lassen?»

Ja. Laut Gesetz können Überstunden entweder durch eine Entschädigung samt einem Zuschlag von 25% entschädigt werden oder durch Gewährung von «Freizeit gleicher Dauer». Der Ausgleich durch Freizeit ist allerdings nur möglich, wenn der Arbeitnehmer damit einverstanden ist.

«Ich glaube, dass ich vor 30 Jahren meinem damaligen Arbeitgeber etwa 130 Überstunden geschenkt habe. Es hiess damals, Überstunden könne man nicht kompensieren und bekomme sie auch nicht ausbezahlt. Ich weiss, dass ich heute nichts mehr daran ändern kann. Dennoch: Wie verhält es sich nun mit Überstunden? Kann man etwas dafür verlangen?»

Überstunden bekommt man entweder ausbezahlt oder man kann sie als Freizeit beziehen. So steht es im Obligationenrecht. Diese gesetzliche Regelung ist jedoch nicht zwingend. Die Parteien können etwas anderes vereinbaren. Zum Beispiel, dass Überstunden generell abgebaut werden müssen oder dass sie ohne Zuschlag entschädigt werden. Möglich ist auch die Vereinbarung, dass Überstunden entschädigungslos geleistet werden müssen. Das ist bei Führungskräften üblich. Eine vom Gesetz abweichende Regelung gilt aber nur, wenn dies schriftlich vereinbart worden ist.

Ansprüche aus einem Arbeitsverhältnis verjähren erst nach 5 Jahren. Das bedeutet, dass ein Angestellter eine Entschädigung für Überstunden bis 5 Jahre nach Austritt aus der Firma einfordern kann.

«Ich habe eine Frage zu den kleinen Pausen zwischendurch. Gelten Zvieri- oder Znüni-Pausen als Arbeitszeit oder muss man da seine Freizeit hergeben?»

Kleine Pausen am Vor- oder am Nachmittag gelten nicht als Arbeitszeit. Denn: Neben der Mittagspause haben Angestellte keinen Anspruch auf weitere Pausen.

Das Arbeitsgesetz bestimmt, dass man ein Anrecht auf eine Pause hat. Wie lange diese dauert, hängt von der Länge der täglichen Arbeitszeit ab: Bei einer Arbeitszeit von mehr als 5 ½ Stunden gibt es eine Viertelstunde Pause, bei einer Arbeitszeit von mehr als sieben Stunden eine halbe Stunde und bei mehr als neun Stunden eine ganze Stunde. Darf man den Arbeitsplatz während der Pause nicht verlassen, gilt diese als Arbeitszeit.

 

 «Ich arbeite unregelmässig im Stundenlohn und bekomme mit dem Lohn eine Ferienentschädigung ausbezahlt. Mein Arbeitgeber will, dass ich Ferien beziehe. Das stehe so im Obligationenrecht. Ich möchte aber keine Ferien beziehen, da ich das Geld brauche. Muss ich nun Ferien nehmen oder nicht? Wenn ja, kann ich diese zusammenhängend beziehen, damit ich zusätzlich an einem andern Ort arbeiten kann?»

«Muss ich Ferien nehmen, wenn ich im Stundenlohn angestellt bin und die 13,04% Ferienzuschlag ausbezahlt bekomme?»

Laut Gesetz haben Angestellte Anspruch auf vier Wochen bezahlter Ferien pro Jahr. Das gilt auch für Teilzeitangestellte mit unregelmässigen Arbeitszeiten oder schwankenden Pensen. Weil die Berechnung der Ferientage in diesen Fällen kompliziert ist, darf der Arbeitgeber die Ferien ausnahmsweise mit einem Zuschlag auf den Grundlohn entschädigen.

Auch wenn er die Ferien mit einem Zuschlag zum Grundlohn entschädigt, ist der Arbeitgeber verpflichtet, seinen Mitarbeitenden Ferien zu gewähren, einmal pro Jahr mindestens zwei Wochen am Stück. Lässt er es zu, dass sein Angestellter keine Ferien bezieht, verstösst er gegen das Gesetz.

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