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Gratis arbeiten im Kinderhort?
Legende: Gratis arbeiten im Kinderhort? Colourbox

Arbeitsrecht Kein Lohn für Arbeitsvorbereitung?

Kinder-Betreuerinnen bekommen in einem Einkaufszentrum nur die Stunden gemäss Arbeitsplan vergütet. Dabei müssen sie eine halbe Stunde früher kommen, um Getränke, Znüni sowie Spiele für die Kinder vorzubereiten. Diese Zeit wird nicht vergütet. Ist das rechtens?

«Espresso» Hörerin Susanne F. arbeitet im Paradies. Genauer: Im «Kinderparadies» eines Einkaufszentrums. Doch die Arbeitsbedingungen sind wenig paradiesisch. «Mein Arbeitgeber bezahlt mir nur die Stunden gemäss Schichtplan», schildert Frau S. Für die Vorbereitungsarbeiten bekomme sie nichts.

«Bevor die Kinder kommen, muss ich die Kasse abrechnen, Statistiken ausfüllen, den Spielbereich einrichten, Bastelarbeiten vorbereiten, Getränke und einen Znüni bereitstellen. Das nimmt jeden Tag etwa 30 Minuten in Anspruch».

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Die Rechtsexpertinnen Gabriela Baumgartner und Raphaela Reichlin beantworten jeden Donnerstag im «Espresso» eine Rechtsfrage. Hier geht es zu den bisherigen Antworten.

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Susanne F. hat schon mehrmals bei ihrer Chefin nachgefragt. Ohne Erfolg. «Seit drei Jahren komme ich jedes Mal eine halbe Stunde früher. Dafür bekomme ich nichts. Komme ich aber zu spät, zum Beispiel, weil die Bahn ausfällt, wird mir die Zeit vom Lohn abgezogen.»

Dieses Verhalten sei nicht sehr motivierend, schreibt Susanne F. Und möchte wissen: «Ist das überhaupt rechtens?»

Vorbereitungszeit ist Arbeitszeit

Auch im Paradies gelten Regeln: zum Beispiel jene aus dem Arbeitsgesetz. Dort steht: «Als Arbeitszeit gilt die Zeit, während der sich der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin zur Verfügung des Arbeitgeber zu halten hat; der Weg zu und von der Arbeit gilt nicht als Arbeitszeit».

Diese Bestimmung aus dem Arbeitsgesetz ist zwingend. Man darf in einem Vertrag also nicht davon abweichen und eine andere Vereinbarung treffen.

Damit ist klar, dass die Vorbereitungsarbeiten im Hort als Arbeitszeit gelten und entschädigt werden müssen. Susanne F. kann den Lohn für die Vorbereitungsarbeiten aber nicht nur in Zukunft verlangen, sondern auch für die vergangenen drei Jahre.

Ansprüche aus Arbeitsverhältnissen verjähren laut Gesetz erst nach 5 Jahren. Das Kinderparadies muss ihr also die fehlenden Stunden seit ihrem Eintritt nachzahlen und diesen zusätzlichen Lohn auch bei den Sozialversicherungen abrechnen.

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Angestellte haben übrigens nicht nur einen gesetzlichen Anspruch auf bezahlte Arbeitszeit, sondern auch auf Pausen:

Während einer Arbeitszeit von mehr als fünfeinhalb Stunden darf man eine Viertelstunde Pause machen, bei einer Arbeitszeit von mehr als sieben Stunden eine halbe Stunde und bei einer Arbeitszeit von mehr als neun Stunden eine Stunde.

Darf ein Arbeitnehmer den Arbeitsplatz während der Pause nicht verlassen, gilt sie als Arbeitszeit und ist zu entschädigen. Im Paradies wie anderswo.

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