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Ferienkürzung bei Krankheit und Unfall: Was gilt?
Aus Espresso vom 03.03.2022. Bild: imago images
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Ferienanspruch «Darf der Arbeitgeber nach Covid-Erkrankung Ferien kürzen?»

Ein Maschinentechniker liegt mit Covid wochenlang im Spital. Zurück am Arbeitsplatz erfährt er: Der Arbeitgeber will ihm eine Woche seiner Ferien streichen. «Espresso» sagt, ob das zulässig ist.

Die Rechtslage kurz erklärt:

In der Schweiz haben Angestellte Anrecht auf mindestens vier Wochen bezahlte Ferien. Unter bestimmten Voraussetzungen darf ein Arbeitgeber diesen Ferienanspruch kürzen. Die Kürzung von Ferien ist im Obligationenrecht im Art. 329b geregelt und bedeutet:   

Ferienkürzung bei Krankheit oder Unfall: 

Fällt eine Angestellte unverschuldet am Arbeitsplatz aus, zum Beispiel wegen Krankheit, Unfall oder Betreuungspflichten, so darf ihr der Arbeitgeber die Ferien kürzen. Allerdings nur, wenn die Absenz mindestens zwei volle Monate gedauert hat. Trifft das zu, darf der Arbeitgeber den Ferienanspruch für jeden vollen Monat der Abwesenheit um 1/12 kürzen. 

Zur Veranschaulichung ein Beispiel:  

  • Eine Angestellte ist drei Wochen krank: Der Arbeitgeber darf die Ferien nicht kürzen, weil er Ferien erst ab zwei vollen Monaten Abwesenheit kürzen darf.  
  • Eine Angestellte ist sechs Wochen krank. Auch hier darf der Arbeitgeber die Ferien nicht kürzen. Die Abwesenheit hat nicht zwei Monate gedauert.  
  • Eine Angestellte ist acht Wochen krank: Hier darf der Arbeitgeber die Ferien der Angestellten kürzen. Weil für den ersten Monat keine Kürzung erfolgen darf, kann er die Ferien nur um 1/12 kürzen.  

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Das gilt bei teilweiser Arbeitsunfähigkeit: 

Ein «Espresso»-Hörer konnte nach einem mehrwöchigen Spitalaufenthalt wieder arbeiten, zu Beginn aber erst mit einem reduzierten Pensum. In dieser Situation ist – nach Ablauf der ersten zwei Monate – eine Ferienkürzung um 1/12 pro Monat zulässig. Stossend: Die teilweise Arbeitsfähigkeit wird behandelt wie eine vollständige Arbeitsunfähigkeit, bewirkt also keine Reduktion der Kürzung.  

Ferienkürzung bei unbezahltem Urlaub 

Gönnt sich eine Angestellte einen unbezahlten Urlaub, so hat sie während dieser Zeit keinen Anspruch auf bezahlte Ferien. Hier gilt die Regel: Der Arbeitgeber kann für jeden vollen Monat der Abwesenheit den Ferienanspruch um 1/12 kürzen. 

Ferienkürzung bei Schwangerschaft 

Hier darf ein Arbeitgeber den Ferienanspruch erst ab einer Anwesenheit von drei Monaten kürzen, dann ebenfalls um 1/12 pro Monat.  

Für Abwesenheiten infolge Mutterschafts- oder Vaterschaftsurlaub darf keine Kürzung der Ferien erfolgen, ebenso wenig, wenn Angestellte Urlaub für die Betreuung eines Kindes beziehen.  

Regeln sind nicht in Stein gemeisselt 

Diese gesetzlichen Bestimmungen sind nicht in Stein gemeisselt. Das bedeutet: In einem Arbeitsvertrag oder in einem Gesamtarbeitsvertrag können andere Regeln vereinbart werden. Sie dürfen jedoch für Angestellte nicht schlechter sein als die gesetzlichen.  

Espresso, 03.03.2022, 08:13 Uhr

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