Obwohl Karla nichts bestellt hat, wird sie von einem Versandhaus mit Mahnungen belästigt. Reklamieren nützt nichts. Karla hat die Nase voll.
Verärgert ruft sie an: Noch einmal und sie werde den «Kassensturz» anrufen. Doch darf Karla mit dem «Kassensturz» drohen? Darf man das?
Es gibt keine allgemeingültige Regel
Jemandem mit dem «Kassensturz» zu drohen ist heikel. Unter Umständen macht man sich sogar strafbar. Das zeigen zwei Beispiele aus dem Gerichtsalltag:
Ein Mann fühlte sich von einem Occasionshändler geprellt. Er verlangte sein Geld zurück und eine «Umtriebsentschädigung» von 500 Franken. Andernfalls werde er dafür sorgen, dass der Name des Händlers im «Kassensturz» genannt werde.
Weil der Mann mit dieser Drohung neben dem Kaufpreis eine zusätzliche Entschädigung erhalten wollte, verurteilte ihn das Bundesgericht wegen versuchter Nötigung. Auf diese zusätzliche Entschädigung hatte er keinen Anspruch.
Entscheidend ist der Einzelfall
Nötigung
In einem anderen Fall kam das Gericht zu einem anderen Schluss: Zwei Frauen verloren wegen einer unseriösen Vermögensberatung viel Geld.
Die beiden forderten ihr Geld zurück, andernfalls würden sie das Geschäftsgebaren der Finanzmarktaufsicht und dem «Kassensturz» melden und im Internet in einem Blog publizieren.
Eine solche Firma müsse eine öffentliche Diskussion über ihre Produkte dulden, befand das Bundesgericht und sprach die beiden Frauen vom Vorwurf der Nötigung frei.
Diese Beispiele zeigen: Ob man sich strafbar macht, wenn man mit dem «Kassensturz» droht, kann nicht allgemeingültig gesagt werden. Es kommt immer auf die konkreten Umstände an.
Auf Nummer sicher geht, wer sich zuerst beim «Kassensturz» meldet, bevor er Konsequenzen androht (Adresse siehe oben).
Karla dürfte Glück haben
Und was ist mit Karla? Kommt sie nun wegen ihrer Bemerkung ins Gefängnis? Vermutlich nicht. Rechtswidrig und damit strafbar ist eine Nötigung, wenn entweder
- das Mittel oder der Zweck nicht erlaubt ist oder
- wenn ein unverhältnismässiges Mittel eingesetzt wird
Wer sich aber wie Karla zuerst selber wehrt, den Gegner auf einen Irrtum hinweist oder sich um eine Lösung bemüht, müsste sich vor Gericht kaum den Vorwurf gefallen lassen, mit dem Gang an die Medien ein unverhältnissmässiges Mittel eingesetzt zu haben.
Aber aufgepasst: Massgebend sind die Umständes jedes Einzelfalls. Wie die Gerichtsurteile zeigen, kann eine Verurteilung von einer scheinbaren Kleinigkeit abhängen.
Besser: Man meldet seine Geschichte gleich dem «Kassensturz» (Adressen siehe Box).