Ein Bauernhaus aus dem vorletzten Jahrhundert, davon hatte ein «Espresso»-Hörer aus dem Kanton Bern seit vielen Jahren geträumt.
Anfang Jahr machte ihn ein Bekannter auf ein Haus aufmerksam, das zum Verkauf stand. Nach wochenlangen Verhandlungen mit dem Verkäufer bekam der «Espresso»-Hörer schliesslich die ersehnte Zusage. Umgehend beauftrage er einen Architekten mit Projektarbeiten für den Umbau. Gleicheitig liess der Verkäufer den Kaufvertrag aufsetzen.
Wenige Tage vor der Unterschrift das böse Erwachen: Er habe sich die Sache noch einmal überlegt und wolle nun doch nicht verkaufen, teilt der Verkäufer seinem Interessenten mit. «Bleibe ich nun auf den Kosten für das Projekt des Architekten sitzen?», möchte der enttäuschte «Espresso»-Hörer wissen. Immerhin gehe es um 6000 Franken.
Bei Immobilien gelten strenge Formvorschriften
Im Alltag kommen die meisten Verträge mündlich zustande. Nicht so Kaufverträge für Häuser oder Eigentumswohnungen. Dort gelten strenge Formvorschriften. Das Gesetz schreibt vor, dass der Vertrag schriftlich verfasst und notariell beurkundet sein muss. Eine mündliche Zusage oder ein «Handschlag» erfüllen diese gesetzlichen Vorschriften nicht. Rechtlich gesehen ist noch kein Vertrag zustande gekommen.
Während den Vertragsverhandlungen muss jede Partei das Risko tragen, dass die andere Partei die Verhandlungen abbrechen könnte. Wer also im Hinblick auf einen Hauskauf Aufwendungen betreibt, bevor der Kaufvertrag unterschrieben und beurkundet ist, tut das auf eigenes Risiko.
Vertragsparteien müssen ernsthaft verhandeln
Dennoch ist die Phase der Vertragsverhandlung kein rechtsfreier Raum. Parteien sind verpflichtet, ernsthaft zu verhandeln und sich rücksichtsvoll zu verhalten. Nimmt ein Verkäufer seine mündliche Zusage kurz vor Vertragsunterschrift zurück, kann er unter Umständen dennoch schadenersatzpflichtig werden.
Zum Beispiel, wenn die Verhandlungen schon so weit fortgeschritten waren, dass der Interessent sich darauf verlassen durfte, dass der schriftliche Vertrag zu Stande kommen würde. Damit der Verkäufer schadenersatzpflichtig wird, muss es darüber hinaus für ihn vorhersehbar gewesen sein, dass dem Interessenten durch den Rückzug ein finanzieller Schaden entsteht.
Im Beispiel des «Espresso»-Hörers könnten diese Voraussetzungen erfüllt sein. Er hat den Auftrag an den Architekten erst nach der mündlichen Zusage des Hauseigentümers und mit dessen Wissen und Einverständnis erteilt. Zudem war der Hauseigentümer in die Umbaupläne involviert und mit ihnen einverstanden.
Angesichts des hohen Schadens sollte sich der «Espresso»-Hörer rechtlich beraten lassen und mit dem Hausbesitzer nun halt nicht über einen Verkauf, sondern über eine Entschädigung für die unnützen Aufwendungen verhandeln.