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Kaufrecht Nach Schaden durch Handwerker: Reparatur oder Ersatz?

Bei der Übergabe ihrer neuen Eigentumswohnung entdeckt «Espresso»-Hörerin Joëlle Burch einen Hick in der Badewanne. Der Bauführer möchte den Schaden flicken. Die Wohnungsbesitzerin möchte lieber nicht in einer geflickten Wanne baden. Trotzdem muss sie eine Reparatur akzeptieren.

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Rechtsfrage: Reparatur oder Ersatz?
aus Espresso vom 18.12.2014. Bild: Colourbox
abspielen. Laufzeit 3 Minuten 28 Sekunden.

Monatelange hatte sich «Espresso»-Hörerin Joëlle Burch aus Steinhausen auf die neue Wohnung gefreut. Doch dann der Frust bei der Wohnungsübergabe: In der Stahlbadewanne hat es einen Hick, etwa so gross wie ein Einfränkler. «Offenbar hat ein Arbeiter etwas fallen gelassen», schreibt Joëlle Burch in ihrem Mail. Das streitet der Bauleiter auch nicht ab.

Um den Hick hat sich bereits Rost gebildet

Aber: Er will den Schaden reparieren, doch die enttäuschte Wohnungskäuferin hätte lieber eine neue Badewanne. «Muss ich wirklich eine geflickte Wanne akzeptieren?», möchte sie von «Espresso» wissen. Immerhin habe sich um den Hick herum bereits Rost gebildet.

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Die Rechtsexpertinnen Gabriela Baumgartner und Raphaela Reichlin beantworten jeden Donnerstag im «Espresso» eine Rechtsfrage. Hier geht es zu den bisherigen Antworten.

Falls auch Sie eine Frage haben, schreiben Sie uns.

Im Kaufvertrag für ihre Wohnung findet Joëlle Burch einen Hinweis, wonach für Schäden die Bestimmungen der «SIA Norm 118» zur Anwendung kommen.

Die SIA Normen sind eine Art Allgemeine Geschäftsbedingungen für Bauarbeiten. Herausgeber ist der Schweizerische Ingenieur- und Architektenverein. Die SIA Normen regeln die Rechte und Pflichten zwischen Bauherren und Kunden, insbesondere Fragen zur Haftung und zur Garantie, und wollen so eine Vereinheitlichung der Verträge im Bauwesen schaffen.

Baupfusch und Mängel: Die Rechte der Kunden

Ist nun ein Bauwerk mangelhaft, so haben Käufer und Bauherren gestützt auf die SIA Norm 118 die folgenden Rechte:

Recht auf Nachbesserung: Der Unternehmer hat das Recht, eine Arbeit nachzubessern und dem Mangel so zu beseitigen. Kann er den Mangel innert einer vom Bauherrn angesetzten Frist nicht beseitigen, so kann dieser aus folgenden Möglichkeiten auswählen:

  • Er kann weiter auf die Nachbesserung bestehen, sofern eine Nachbesserung verhältnismässig ist und keine übermässigen Kosten verursacht
  • oder einen Minderwert verlangen
  • oder vom Vertrag zurücktreten, wenn der Mangel absolut unzumutbar ist und die Entfernung des mangelhaften Teils nicht mit unverhältnismässigem Aufwand für den Bauunternehmer verbunden ist.

Damit diese Normen aber gültiger Bestandteil eines Vertrages werden, müssen sie von beiden Seiten mit der Unterschrift auf dem Vertrag akzeptiert werden.

Was in den SIA Normen drin steht, wird den Kunden nicht gesagt

Text
Legende: Auszug aus der SIA-Norm 118 Copyright SIA

Stossend: In den Kauf- oder Bauverträgen wird praktisch immer auf diese SIA Normen verwiesen. Das 72-Seiten starke Reglement liegt dem Vertrag aber nicht bei. Will der Kunde diese Normen lesen, so muss er sie nicht nur selber bei der SIA bestellen, sondern er muss auch 180 Franken dafür bezahlen.

180 Franken, um zu erfahren, welche Regeln auf seinem Vertrag zur Anwendung kommen. Amtliche Gesetzesbücher kosten einen Bruchteil dieses Betrages und vor allem kann man Gesetzestexte online nachlesen – gratis.

Weil es bei Wohnungskäufen oder Umbauten immer um viel Geld geht, sollten sich Konsumentinnen und Konsumenten vor der Vertragsunterzeichnung von einer kompetenten Stelle beraten lassen: Vom Hausverein Schweiz zum Beispiel oder dem Hauseigentümerverband (Adressen siehe Linkbox).

Nicht jeder Bauunternehmer ist seriös

Vor allem lohnt es sich, beim Bau- oder Generalunternehmen nach Referenzen zu fragen und diese vor einem Vertragsschluss auch zu kontaktieren. Aufschlussreich kann auch ein Blick ins Handels- und ins Betreibungsregister sein.

Sinnvoll ist eine Rechtsschutzversicherung. Aber aufgepasst: In vielen Policen werden Streitigkeiten aus Werk- oder Bauverträgen ausgeschlossen oder sind stark eingeschränkt. Wer das Kleingedruckte nicht genau liest, kann auch hier böse Überraschungen erleben.

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