Eine «Espresso»-Hörerin aus Uster fühlt sich vom Vermieter schikaniert. Der will auf den Balkonen ein strenges Regime einführen: Ab sofort dürfen keine Vögel mehr gefüttert werden.
Die Mieterin fühlt sich gemassregelt. Das Fütterungsverbot ist nämlich nicht die einzige Schikane. Im Treppenhaus stehen schon «ewig» herrenlose Velos und ein Schlitten. Jahrelang hat sich niemand daran gestört. Umso weniger versteht sie den schroffen Ton ihres Vermieters. Der will das Gerümpel jetzt entsorgen – und zwar auf Kosten seiner Mieter.
Zum Glück haben Mieterinnen und Mieter Rechte und müssen sich ein solches Verhalten ihres Vermieters nicht gefallen lassen.
Eines der wichtigsten Rechte: Mieterinnen und Mieter dürfen ihre Wohnung benutzen. Und zur Wohnung gehört auch der Balkon. Auch dort dürfen Mieterinnen und Mieter grundsätzlich tun und lassen, was sie möchten: Wäsche aufhängen, Tomaten pflanzen, Rauchen, Grillieren oder eben Vögel füttern.
Tauben haben schlechte Karten vor Gericht
Alles aber unter der Voraussetzung, dass dabei die Nachbarn nicht übermässig gestört werden. Seine Nachbarn richtiggehend einzunebeln geht natürlich nicht. Den Duft von grilliertem Fleisch dagegen müssen sie schlucken.
Auch gegen das Füttern von Vögeln ist nichts einzuwenden. Dies jedoch nur, solange dadurch keine übermässige Verschmutzung entsteht. Eine solche droht, wenn man Tauben anfüttert. Deren Kot kann gefährliche Krankeitserreger in die Atemluft freisetzen, zudem kann die Gebäudefassade regelrecht veräzt werden.
Ein Gericht in Berlin hatte diesen speziellen Fall zu beurteilen. Das Urteil lautete: Vögel auf Balkonen füttern ist – mit Ausnahme von Tauben – erlaubt. Dieser Entscheid kann als Leitlinie auch für die Schweiz gelten. Hier hat es mit Ausnahme von Papageien und anderen Exoten noch kein (Sing)-Vogel vor Gericht geschafft.
Die «Espresso»-Hörerin muss das Fütterungsverbot ihres Vermieters also nicht beachten. Aber auch für die Entsorgung des Gerümpels im Treppenhaus kann er sie nicht belangen.
Hände weg von fremdem Eigentum
Zwar ist es in vielen Mehrfamilienhäusern nicht erlaubt, Gegenstände im Treppenhaus abzustellen. Meist aus Sicherheitsgründen. Brennt es im Haus, sind die Fluchtwege versperrt. Der Vermieter darf also verlangen, dass das Treppenhaus leer geräumt wird.
Kommen nun die Mieter einer solchen Aufforderung nicht nach oder lässt sich auf den ersten Blick nicht herausfinden, wem die Gegenstände im Treppenhaus gehören, so darf ein Vermieter diese nicht einfach einsammeln und entsorgen.
Vielmehr muss er einen zumutbaren Aufwand betreiben und so versuchen, die Eigentümer ausfindig zu machen. Im Beispiel der «Espresso»-Hörerin müsste der Vermieter ehemalig die Mieter anschreiben und sie auffordern, die abgestellten Waren abzuholen.
Bleibt auch dieser Versuch ergebnislos, so darf der Vermieter die Gegenstände entsorgen. Aber: Die Kosten dafür muss er aber selber tragen und darf sie nicht etwa seinen Mieterinnen und Mietern überwälzen. Denn: Ein Anspruch auf Schadenersatz setzt immer ein konkretes Verschulden voraus.
Die Kosten für die Entsorgung muss der Vermieter zahlen
Will heissen: Zahlen müssen Mieterinnen und Mieter nur dann, wenn sie einen Schaden selber verschuldet haben. Das ist hier nicht der Fall. Sollte der Vermieter an seiner Forderung festhalten, kann sich die «Espresso»-Hörerin an die örtliche Mietschlichtungsstelle wenden. Dort wird man den Vermieter in die Schranken des Gesetzes weisen.