Ein «Espresso»-Hörer und Taxifahrer aus dem Kanton Aargau wurde von einem Kunden belogen. Schlimm genug. Noch schlimmer ist allerdings, dass er dafür nun auch noch zur Kasse gebeten werden soll. Doch der Reihe nach.
Der Mann arbeitet als Taxifahrer. Vor wenigen Wochen behauptete ein Fahrgast, seine Brieftasche zu Hause vergessen zu haben. Der Taxifahrer notierte die Adresse seines Gastes, damit er ihm eine Rechnung schicken konnte. Doch es stellte sich heraus, dass die Adresse falsch war.
Der Chef des Taxifahrers will dem Fahrer nun die Kosten für die Fahrt vom Lohn abziehen. Damit ist der Taxifahrer nicht einverstanden. «Muss ich mir diesen Abzug wirklich gefallen lassen?», möchte er vom Konsumentenmagazin «Espresso» von Radio SRF 1 wissen.
Der Chef macht kurzen Prozess
In bestimmten Fällen können Angestellte für ihre Fehler am Arbeitsplatz zur Rechenschaft gezogen werden. Dann etwa, wenn sie ihrem Arbeitgeber absichtlich oder fahrlässig einen Schaden zugefügt haben.
Unter «fahrlässigem Handeln» verstehen Juristen, wenn Angestellte unsorgfältig arbeiten, ihre Pflichten mangelhaft erfüllen oder Weisungen missachten.
Jeder Fall wird einzeln beurteilt
In Basel beurteilte ein Gericht das Verhalten eines Filialleiters als fahrlässig, der einem unbekannten Kunden Waren auf Kredit mitgab. Dies, weil im Betrieb die Weisung galt, unbekannten Kunden keine Waren auf Kredit zu überlassen. Der Filialleiter musste den entstandenen Schaden aus der eigenen Tasche bezahlen.
Auch im Beispiel des Aargauer Taxifahrers geht es um einen Kunden, der ein Unternehmen «prellt». Der Taxifahrer hatte sich auf die Ehrlichkeit seines Kunden verlassen. Doch hier liegt der Fall anders: Im Betrieb gelten keine Vorschriften und Regeln, dass ein Fahrer in einer solchen Situation zum Beispiel die Polizei einschalten muss. Aus diesem Grunde kann dem Fahrer kein Vorwurf gemacht werden und er muss sich den Abzug vom Lohn nicht gefallen lassen.
Meist müssen Angestellte nichts bezahlen
Aber auch wenn sich der Taxifahrer pflichtwidrig – also entgegen den Weisungen des Betriebes – auf die Angaben eines Fahrgastes verlassen hätte: Für den ganzen Schaden wird er ohnehin nicht aufkommen müssen. Bei der Festsetzung der Höhe des Schadenersatzes wird immer berücksichtigt, wie hoch das Berufsrisiko ist, was ein Angestellter verdient, ob der Arbeitgeber seine Angestellten richtig instruiert und überwacht hat und ob er Weisungen zur Schadensvermeidung erlassen hat.
Bei bloss leichter Fahrlässigkeit verzichten die Gerichte meist darauf, einem Angestellten Schadenersatz aufzubrummen oder sie reduzieren die Summe auf einen symbolischen Betrag. Gerade bei «schadensgeneigten» Berufen wie der eines Taxifahrers soll das Betriebsrisiko nicht auf die Angestellten überwälzt werden. Der Taxifahrer müsste sich also nicht den entgangenen Gewinn vom Lohn abziehen lassen, sondern höchstens die Kosten fürs Benzin.