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Verschuldete Erbschaft «Hafte ich, wenn ich das Zimmer im Altersheim räume?»

Verschenken oder entsorgen Angehörige den Haushalt einer verstorbenen Person, können sie später die Erbschaft nicht mehr ausschlagen. Auch nicht, wenn die verstorbene Person nur Schulden hinterlässt. Was aber sollen Betroffene tun, wenn das Altersheim darauf drängt, das Zimmer zu räumen?

Was viele Angehörige nicht wissen: Wer nach dem Tod einer Person deren Haushalt auflöst, Gegenstände verkauft oder entsorgt, erklärt damit die Annahme der Erbschaft. Stellt sich später heraus, dass die verstorbene Person verschuldet war, erben die Angehörigen auch die Schulden. «Espresso» hat darüber berichtet.

 «Wie ist es aber mit dem Räumen des Zimmers im Altersheim?», möchte eine Hörerin wissen. Ihre Mutter lebe im Altersheim. Nach Todesfällen muss in vielen Institutionen das Zimmer innerhalb von 30 Tagen geräumt werden. «Nehme ich dann die Erbschaft an, wenn ich das Zimmer räume?»

Zimmer räumen ist keine Einmischung

Antwort auf diese Frage gibt das Zivilgesetzbuch in Artikel 571. Dort steht, dass die blosse «Verwaltung der Erbschaft» nicht als Einmischung gilt. Konkret: Alles, was im Interesse des Nachlasses geschieht und den Wert des Nachlasses nicht reduziert, gilt nicht als Einmischung in die Erbschaft. Die Kündigung der Wohnung oder des Zimmers im Altersheim beispielsweise sind reine Verwaltungs-Handlungen, also unproblematisch. Ebenso das Entsorgen wertloser Gegenstände.

Nimmt jedoch beim Räumen eine Erbin die teure Armbanduhr an sich oder ein wertvolles Bild, so würde das als Einmischung gelten. Die Erbschaft kann danach nicht mehr ausgeschlagen werden. Bis klar ist, ob Angehörige eine Erbschaft annehmen möchten, sollten sie das Hab und Gut der verstorbenen Person nicht verwenden, sondern zusammen mit der Heimleitung ein Inventar aufnehmen und die Sachen aufbewahren.

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Rechtsexpertinnen Raphaela Reichlin und Gabriela Baumgartner
Legende: Gabriela Baumgartner und Raphaela Reichlin Quelle: SRF Oscar Alessio / Roberto Crevatin

Die Rechtsexpertinnen Gabriela Baumgartner und Raphaela Reichlin beantworten jeden Donnerstag im «Espresso» eine Rechtsfrage. Hier geht es zu den bisherigen Antworten .

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Erbschein anfordern ist heikel

Umstritten ist, ob das Anfordern eines Erbscheines auf dem Zivilstandsamt als Einmischung gilt. Betroffene Angehörige sollten sich in deshalb unbedingt beraten lassen. In einem Streitfall würde das Gericht anhand der konkreten Umstände prüfen, wofür die Erben einen Erbschein angefordert haben.

Grafik: Wann sollte das Erbe ausgeschlagen werden
Legende: SRF

Was nach der Ausschlagung passiert

Angehörige haben drei Monaten Zeit, um eine Erbschaft auszuschlagen. Diese Frist kann in Ausnahmefällen verlängert werden. Aus Beweisgründen ist es ratsam, die Ausschlagung schriftlich mit eingeschriebenem Brief der zuständigen Behörde mitzuteilen. Bei einer Ausschlagung fallen für die Erben keine Kosten an.

Espresso, 11.05.23, 08:13 Uhr

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