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Wanderschuhe Wenn sich die Schuhsohlen selbständig machen

Ein chemisch-physikalisches Phänomen kann Bergschuhe frühzeitig zerstören.

Die böse Überraschung provoziert ungläubiges Staunen und verspricht Ärger: Wenn kaum benutzte Bergschuhe aus dem Keller geholt werden und schon nach ein paar Schritten den Dienst versagen, dann ist meist die Hydrolyse dafür verantwortlich. Es ist ein chemisch-physikalisches Phänomen, bei dem äussere Einflüsse nach ein paar Jahren wie von Geisterhand die Sohle zersetzen.

Die Hydrolyse sei ein bei Gummi und Kunststoffen bekanntes chemisch-physikalisches Phänomen, gegen das noch kein Kraut gewachsen sei, erklärt der Geschäftsführer des Schweizer Bergschuh-Branchenleaders Lowa, René Urfer. Dabei reagiert der zur Trittdämpfung in der Sohle eingebaute Polyurethan-Schaumstoff (PU) auf klimatische Umwelteinflüsse. Feuchtigkeit und Wärme verändern dabei seine Zellstruktur, er verliert seine dämpfenden Eigenschaften und löst sich vom Schuh.

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Bewegung hält die Sohle geschmeidig

Wenn sich auch der Weichmacher verflüchtigt, bilden sich selbst bei wenig getragenen Bergschuhen in der Sohle kleine Risse. Danach können Feuchtigkeit, Licht oder andere Katalysatoren in den Kunststoff eindringen und die Versprödung beschleunigen und eine Ablösung ist nicht mehr aufzuhalten. Die Materialveränderung beschleunigt sich zudem, je weniger der Schuh benutzt wird. Bewegung dagegen hält geschmeidig.

«Ein natürlicher Prozess»

Bei der Hydrolyse handle es sich nicht um einen Material- oder Verarbeitungsfehler, erklärt die Materialforscherin des unabhängigen Prüf- und Forschungsinstituts Pirmasens (D), Liselotte Vijselaar. Es sei ein natürlicher Zersetzungsprozess, der von aussen meist unsichtbar im Innern der Zwischensohle einsetze und nicht verhindert werden könne. Nach sieben bis zehn Jahren könne sich dadurch auch bei einem von aussen gepflegt wirkenden und «gesunden» Schuh überraschend die Sohle lösen.

So erkennt man Hydrolyse

Wer eine unliebsame Überraschung verhindern und seine Bergschuhe auf Hydrolyse abchecken möchte, kann den Zustand des Schaumstoffs mit einem einfachen Trick selber überprüfen. Sobald man mit der Spitze eines Kugelschreibers mit ein wenig Druck in den Schaumstoffkeil zwischen Unter- und Obersohle eindringen kann und sich danach die Öffnung nicht mehr schliesst, ist die Hydrolyse nicht mehr weit.

Bei einem noch elastischen und «gesunden» Fersenkeil ist dies fast nicht möglich. Spätestens wenn der Kunststoff spröde ist, lohnt sich eine Neubesohlung. Um den Alterungsprozess zu verlangsamen, lohnt es sich, die Wanderschuhe sauber zu halten und an einem trockenen und nicht zu warmen Ort aufzubewahren.

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