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Tiefer Milchpreis Faire Milch ist nicht gleich faire Milch

Das Wichtigste in Kürze

  • Seit Anfang November gibt es in der Westschweiz Milchprodukte mit dem Label «Fair» zu kaufen. Spätestens Anfang 2019 sollen sie auch in Deutschschweizer Läden erhältlich sein.
  • «Fair» ist mittlerweile die dritte sogenannt faire Milch auf dem Schweizer Markt. Der Detailhändler Aldi Suisse hat seit 2017 eine «Fair Milk» im Sortiment, zudem gibt es in einigen Läden der Region Zürich «Di fair Milch» zu kaufen.
  • Alle drei definieren den Begriff «fair» anders: Aldi garantiert den Bauern einen Mindestpreis von 70 Rappen, für «Fair»-Milch gibt es 75 Rappen, für «Di fair Milch» 80 Rappen.
  • Für Konsumentinnen und Konsumenten wird es damit zunehmend unübersichtlich, denn auch die Grossverteiler Migros und Coop sagen, sie würden für fairere Bedingungen der Milchbauern sorgen. Was aber wirklich fair ist, da scheiden sich die Geister.

Rund 60 Rappen: So viel bleibt einem Schweizer Milchbauern unter dem Strich pro Kilo herkömmliche Milch, die er abliefert. Damit könnten sie aber nicht kostendeckend produzieren, sagen die Milchbauern.

Fair, fairer am fairsten

In den letzten Jahren sind nun Projekte entstanden, die den Milchbauern einen höheren Preis garantieren: Der Detailhändler Aldi hat «Fair Milk» ins Sortiment aufgenommen. 70 Rappen erhalten die Bauern damit pro Kilo Milch. Und in wenigen Läden im Raum Zürich gibt es «Di fair Milch» zu kaufen mit einem garantierten Milchpreis von 80 Rappen.

Seit November 2018 sind nun auch noch Produkte mit dem Label «Fair» auf dem Schweizer Markt zu finden. Derzeit noch in der Westschweiz, spätestens Anfang 2019 soll es sie auch in einigen Deutschschweizer Läden geben. Garantiert wird den Milchbauern ein Mindestpreis von 75 Rappen.

Uneinigkeit über «fairen» Preis

Dreimal «faire» Milch, drei Beträge für die Produzenten. Aldi sagt, der Milchpreis von 70 Rappen trage «langfristig zur nachhaltigen Entwicklung» der Bauernhöfe bei. Bei «Fair» heisst es, die 75 Rappen seien eine substanzielle Verbesserung des Milchpreises. Zudem liege das im Rahmen dessen, was Konsumenten bereit seien zu bezahlen.

Zu wenig weit gehen diese Preise der Genossenschaft Faire Milch Säuliamt («Di fair Milch»). Ein Milchbauer müsse mindestens 80 Rappen für seine Milch bekommen. Nur so könne er seine Rechnungen bezahlen und investieren.

Diese Milchbauern erhalten heute schon mehr

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Vom tiefen Milchpreis sind in erster Linie Produzenten konventioneller Milch betroffen. Sie erhielten laut dem Milchpreismonitoring der Schweizer Milchproduzenten (SMP) vom August 2018 einen Preis von 61,52 Rappen pro Kilogramm (Zwölfmonatsdurchschnitt 58,83 Rappen).

Einen wesentlich höheren Preis erzielen Bio-Bauern: Sie erhielten im August 86,56 Rappen (Zwölfmonatsdurchschnitt 82,13 Rappen).

Zuschläge erhalten auch Produzenten sogenannter Berg- oder Wiesen- bzw. Heumilch. Migros beispielsweise sagt, bei ihrer «Wiesenmilch» erhielten die Produzenten einen höheren Milchpreis analog des «Fair»-Labels.

Mehr Geld gibt es auch für Käsereimilch: Durchschnittlich erhielten diese Milchbauern im August 2018 pro Kilogramm 72,54 Rappen.

Migros und Coop setzen auf eigene Programme

Bei den Detailhändlern Migros und Coop sucht man die «fairen» Milchprodukte derzeit weitgehend vergebens. Sie setzen bei den Eigenmarken auf eigene Milchprogramme. Coop hat dieses erst kürzlich angepasst und laut eigenen Angaben «bei der konventionellen Milch die Mindestanforderungen beispielsweise ans Tierwohl erhöht». Die Bauern erhielten damit vier bis sechs Rappen mehr pro Kilo Milch.

Und Migros hat 2018 das Programm «Nachhaltige Milch» lanciert. Dieses soll «erkennbare Mehrwerte» für Tier, Mensch und Umwelt schaffen. Bauern erhalten damit laut Migros einen Nachhaltigkeitszuschlag von drei Rappen pro Kilo Milch sowie einen Nachhaltigkeitsbonus von bis zu 1000 Franken jährlich.

Interessen bündeln?

Den Verantwortlichen des Labels «Fair» und von der Genossenschaft «Faire Milch Säuliamt» gehen die Bemühungen des Detailhandels allerdings zu wenig weit. Und sie bemühen sich darum, mit ihrem Label in deren Regale zu kommen. Umso mehr stellt sich die Frage, ob sie ihre Kräfte nicht bündeln sollten. «Das wird man müssen», sagt der Genossenschafts-Präsident Werner Locher. «Und ich erwarte, dass hier der Dachverband alle Beteiligten an einen Tisch bittet und man versucht, einen Konsens zu schaffen.»

Beim Dachverband handelt es sich um die Organisation der Schweizer Milchproduzenten (SMP). Sie unterstützt derzeit das Label «Fair». Ein Sprecher sagt aber auf Anfrage, unter dem Strich sei nicht entscheidend, ob und wie faire Milch angeschrieben sei. «Hauptsache der Bauer bekommt einen höheren Preis dafür.»

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