Bereits am Freitagabend können sich die Engländer mit einem Sieg gegen die USA das Ticket für die Achtelfinals der WM 2022 in Katar sichern. Das Spiel der Gruppe B weckt neben der aktuellen Brisanz aber auch Erinnerungen an einen der historischsten Momente an einer Weltmeisterschaft.
Die Geschichte des US-Männerfussballs ist nicht gerade üppig bestückt mit Erfolgen. Einen der wenigen Lichtblicke gab es allerdings am 29. Juni 1950 im brasilianischen Belo Horizonte gegen die – heute wie damals – favorisierten Engländer. Im Vorfeld hatte man auf der Insel nur darüber gefachsimpelt, wie hoch der Sieg gegen die Amerikaner wohl ausfallen würde.
Doch Joe Gaetjens stellte das Geschehen vor 72 Jahren auf den Kopf. In der 38. Minute köpfelte er eine Flanke von Walter Bahr zum 1:0 ein und sicherte den USA damit den bis heute einzigen Pflichtspiel-Sieg gegen die «Three Lions».
In berüchtigtes Gefängnis gesteckt
Gaetjens, der als Einwanderer aus Haiti für die USA auflief, wurde damals über Nacht zum Helden. Doch seine spätere Lebensgeschichte ist tragisch. Er kehrte nach seinem Karriereende nach Port-au-Prince zurück und erlebte ab 1957 mit, wie Francois Duvalier zum Präsidenten gewählt wurde und sich das Klima in Haiti stark veränderte.
Der Machtinhaber errichtete eine Militärdiktatur und liess seine Gegner rigoros verhaften. Gaetjens selbst war politisch nicht aktiv, doch Familienmitglieder hatten sich öffentlich gegen Duvalier ausgesprochen. Das hatte Folgen.
Ich habe jede Nacht gebetet, dass mein Vater zurückkommt.
1964 wurde der ehemalige Fussballer festgenommen und ins berüchtigte Gefängnis Fort Dimanche in Port-au-Prince gesteckt. Dort wurden mehr als 3000 Häftlinge zum Teil qualvoll ermordet.
Gaetjens ältester Sohn, Lesley, war damals sieben Jahre alt. Er habe jede Nacht gebetet, dass sein Vater wiederkomme, sagt er (siehe Audio oben). Doch sein Vater kam nicht zurück. Joe Gaetjens – Fussball-Held, Ehemann und Vater – war einer der vielen Toten von Fort Dimanche.