Es ist eine Überraschung, als Anfang November der neue Trainer des Schweizer Nationalteams verkündet wird. Auf eine der erfahrensten Fussballtrainerinnen der Welt folgt Rafel Navarro.
Pia Sundhage musste einem Coach Platz machen, der noch nie ein Frauenteam als Cheftrainer betreut hat. Navarro war selbst für die meisten Spielerinnen ein Unbekannter. Eine Ausnahme bilden Ana-Maria Crnogorcevic und Sydney Schertenleib – beide sind bestens mit Navarro vertraut.
Viel Lob für Navarro
Crnogorcevic kennt den Spanier seit ihrem Wechsel zum FC Barcelona im Jahr 2019, damals war er Assistent. Schertenleib trainierte während gut einem Jahr unter ihm. Sie stiess im Sommer 2024 zu den Katalaninnen. Einen Tag nach dem Einrücken ins letzte Nationalteam-Camp des Jahres sagten beide im Rahmen einer Medienrunde: «Wir waren sehr überrascht, dass er Trainer der Schweiz wird.»
Als sie ihren neuen Trainer beschreiben sollen, fallen nur positive Worte. Die Trainings machen den Spielerinnen Spass, sie nennen ihn «super kommunikativ», «sehr aufgestellt», «menschlich sehr gut» und «ruhig, aber laut wenn es sein muss».
Gibt es ein Barcelona 2.0?
«Ich denke, im Fussball gibt es immer Zyklen. Deshalb ist es wichtig, jetzt ein neues Projekt für die kommenden Jahre zu starten», sagt Crnogorcevic zum Trainerwechsel. «In den vergangenen Jahren hat uns eine klare Identität gefehlt. Es gab nicht die eine Art, wie die Schweiz spielt, und ich hoffe, dass wir uns das nun erarbeiten».
Ein Barcelona 2.0 möchte Navarro nicht aus der Schweiz machen, aber ein offensives Spiel auf den Platz bringen und die Arbeit mit und ohne Ball verbessern. Wichtig ist aber vor allem eines: Dass schnell ein eingespieltes Team entsteht. Am Freitagabend testen die Schweizerinnen gegen Belgien (live auf SRF zwei), am 2. Dezember ist im letzten Spiel des Jahres Wales der Gegner – beide Partien finden im spanischen Jerez statt. Im kommenden Jahr startet dann Anfang März die WM-Qualifikation.
Mit neuem System zum Erfolg
Den Start mit zwei Testspielen erachtete Schertenleib als perfekt: «Jetzt haben wir zehn Tage Zeit, um Dinge auszuprobieren, und ein Gefühl dafür zu bekommen, wie Rafel spielen will. Wir werden wahrscheinlich mit einem anderen System agieren.»
Die Tests sind umso wichtiger, weil der Weg an die WM nach dem Abstieg aus der Nations League A deutlich anspruchsvoller wird. Als Gruppensiegerinnen in der Liga B können sich die Schweizerinnen lediglich einen Platz in der Playoff-Phase sichern, in der sie zwei Duelle gegen Teams aus der Liga A oder B – jeweils mit Hin- und Rückspiel – überstehen müssen.
Wie lange spielt Crnogorcevic noch?
Doch davon lässt sich Crnogorcevic nicht einschüchtern. Die WM sei definitiv ein Ziel von ihr, sagt die Spielerin, die noch bis Ende des Jahres bei Seattle Reign in den USA unter Vertrag steht. Wo es sie im neuen Jahr hinzieht, weiss sie noch nicht. «Ich tendiere in Richtung Europa, möchte zu einem Projekt, das ich spannend finde.» Sie spiele sicher noch anderthalb Jahre, dann sei es dann wohl langsam fertig, so die Rekordtorschützin.
Nun gilt der Fokus jedoch zuerst den beiden Testspielen. Gegen Belgien, die Weltnummer 20, verloren die Schweizerinnen das letzte Duell in der Qualifikation für die EM 2022 auswärts deutlich mit 0:4. Ob am Freitag bereits erkennbar wird, inwiefern sich Navarros Stärken auf das Schweizer Team auswirken, bleibt abzuwarten.